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Juliane Bartel Medienpreis 2015



Der Juliane Bartel Medienpreis 2015 - der 15. insgesamt - wurde am 3. November im Landesfunkhaus in Hannover verliehen. Der Preis würdigt die kreative Auseinandersetzung mit den Thema Gleichstellung im Fernsehen, im Hörfunk - und seit dem vergangenen Jahr auch im Internet.

139 Autorinnen, Autoren und Autorenteams hatten sich beworben. In fünf Kategorien aus den Bereichen Fernsehen, Hörfunk und Internet wurden die Preisträgerinnen und Preisträger ausgezeichnet. Die Autorinnen und Autoren stellen Geschlechterrollen vielfältig dar und tragen damit zu einer vielfältigen Gesellschaft bei. Auch im Internet werden Informationen und Botschaften kreativ und mit viel Engagement transportiert und damit neue Zielgruppen erreicht. Die Preisträgerinnen und Preisträger machen deutlich, dass eine ausgewogene Darstellung von Frauen und Männern durchaus interessant und unterhaltsam sein kann.

Der Preis wurde in Kooperation mit dem NDR und der Niedersächsischen Landesmedienanstalt verliehen. Er ist nach der Journalistin Juliane Bartel (1945 – 1998) benannt, die als gradlinige, kritische sowie humorvolle Person für einen fairen und glaubwürdigen Journalismus steht.

Ausgezeichnet wurden:

  • Kategorie Hörfunk (zwei Preise):
    o „Jede Nacht haben sie Andere geholt – Vergewaltigungen als Kriegsstrategie“ von Mechthild Müser, WDR 5, BR und DeutschlandRadio 53 min.
    o „Von Bondgirls, Botox und dem Bechdel-Test: Sexismus in der Traumfabrik“ von Juliane Frisse, BR Puls, 42 min.
  • Kategorie Fernsehen, Fernsehfilm und -serie:
    o „Die Ungehorsame“ von Michael Helfrich,SAT.1, 93 min.
  • Kategorie Fernsehen, Dokumentation, Reportage, Feature, Magazinbeitrag bis 10 Minuten Länge:
    o „El Salvador: Drastische Strafen für Schwangerschaftsabbruch“ von Peter Sonnenberg, NDR, 6’17“ min.
  • Kategorie Fernsehen, Dokumentation, Reportage, Feature, Magazinbeitrag ab 10 Minuten Länge:
    o Der schwedische Film „Astrid Lindgren“ von der Autorin Kristina Lindström; gekürzte, deutsche NDR/ARTE-Fassung bearbeitet von Claudia Drexel, NDR/Arte, 53 min.53 min.
  • Kategorie Onlinevideos:
    o Platz 1: „Naya Isso – Real Isso Gang“ von Felix Ahrens aus Hamburg
  • o Platz 2 teilen sich:
    „Go Beyond The Cover: Mehr Sehen!“ von Sebastian Baumann, Antonia Bosl, Felix Hamann und Nadine Mavi aus München
    und
    „words on me“ von Stephan Baglikow, Annika Hölzer, Kriss König, Franka Perpeet und Lena Schmidt aus Lüneburg

Der Preis ist mit insgesamt 15.000 Euro dotiert. Die Preisträgerinnen und -träger in den Kategorien Fernsehen und Hörfunk erhalten neben dem jeweiligen Preisgeld eine Skulptur der Künstlerin Ulrike Enders. Das Preisgeld in der Kategorie Online-Kurzvideo in Höhe von insgesamt 3.000 Euro teilen sich drei Preisträgerinnen und Preisträger.

Erst wenige Stunden vor der Auszeichnung hatte sich die hochkarätige Fachjury auf die Siegerbeiträge geeinigt. Die Jury selbst setzt sich aus prominenten Fachleuten zusammen. In diesem Jahr waren dabei:

  • Siir Eloglu (Schauspielerin)
  • Ilka Eßmüller (Moderatorin RTL-Nachtjournal)
  • Julia Fritzsche (Radio- und Fernsehjournalistin)
  • Oliver Mommsen (Schauspieler)
  • Andreas Neumann (Leiter „ARD Aktuell“, Radio Bremen)
  • Heide Oestreich (Redakteurin Geschlechterpolitik, taz)
  • Nils Pickert (Journalist und Autor)
  • Anja Reschke (Journalistin und Moderatorin, NDR)
  • Carmen Thomas (Journalistin und Autorin, 1. Moderationsakademie für Medien und Wirtschaft)

Die von der Jury preisgekrönten Beiträge im Detail:

Kategorie Hörfunk (zwei Preise):

Titel: „Jede Nacht haben sie eine Andere geholt – Vergewaltigungen als Kriegsstrategie“ von Mechthild Müser

WDR 5, 53 min.

Vergewaltigung von Frauen eine besonders „effektive“ Kriegswaffe!

In Bosnien wurden während des vier Jahre dauernden Krieges mindestens 25 000 muslimische Frauen systematisch vergewaltigt: junge wie alte. In patriarchalen Gesellschaften gilt die sexualisierte Gewalt gegen Frauen zunächst als besondere Demütigung der Männer. Doch ihr Ziel war auch - wie neuere Untersuchungen zeigen - die ethnische Vertreibung der muslimischen Bosnier. Nach dem Krieg sammelte die Rechtsanwältin Nusreta Sivac mit einer Leidensgenossin die Aussagen von Frauen und Namen von Tätern und brachte das Material 1995 zum internationalen Strafgerichtshof für das frühere Jugoslawien, ICTY, nach Den Haag. Ihr ist es zu verdanken, dass Vergewaltigung im Krieg heute nach internationalem Recht als Kriegsverbrechen eingestuft wird.

Titel: „Von Bondgirls, Botox und dem Bechdel-Test: Sexismus in der Traumfabrik“ von Juliane Frisse

BR Puls, 42 min.

Wie frauenfeindlich ist die Filmbranche? Was macht das oft einseitige Frauenbild in Blockbustern mit den Zuschauern? Wie könnte das Kino weniger sexistisch werden? Diesen Fragen geht das Magazin auf „PULS“ - dem Jugendprogramm des BR - nach. Im lockeren Dialog führen Moderatorin Julia Menger und Autorin Juliane Frisse durch die Sendung für eine junge Zielgruppe, sprechen mit der 'Pro Quote Regie'-Initiatorin Katinka Feistl, treffen sich mit einer Bondgirl-Expertin und stellen die wichtigsten Frauenstereotype vor - vom blonden Dummchen bis zum männerfressenden Vamp.

Talks und Rechercheergebnisse der Autorin werden abwechslungsreich, informativ und unterhaltsam in Beiträgen und Interviews verpackt: der desillusionierende Blick auf traditionelle Geschlechterrollen im Film und die damit einhergehende Benachteiligung von Frauen im Geschäft der Traumfabrik ist insbesondere für ein jüngeres Zielpublikum gut aufbereitet und ernüchtert nachhaltig.

Kategorie Fernsehen

Fernsehfilm und -serie:

Titel: „Die Ungehorsame“ von Michael Helfrich, SAT.1, 93 min.

Am Anfang stehen ein erstochener Ehemann und eine blutverschmierte Frau. Es ist Leonie. Im Rahmen des Gerichtsverfahrens wird in Rückblenden die Geschichte der schweigsamen Täterin klar. Sie hat, alleinerziehende Mutter und Goldschmiedin, den Kardiologen Alexander kennengelernt, verliebt sich, heiratet ihn und zieht mit Sohn Jonas zu ihm. Nach und nach stellt sich der Muster-Ehemann als Kontrollfreak heraus, der ein System aus Willkür, Gewalt, konsequenter Abschottung und sozialer Isolierung errichtet.

Michael Helfrichs ambitionierter Film thematisiert plausibel die strukturellen Mechanismen häuslicher Gewalt in einer spannenden Handlung für großes Publikum. Dabei geht es vor allem darum, die Motive der unter der existentiellen Bedrohung agierenden Frau und Mutter zu erhellen. Der als Kammerspiel klug inszenierte Film überzeugt auch in den Details: so in der eskalierenden Gewaltspirale, der klinisch anmutenden Ästhetik und der realistischen Darstellung des Umfeldes, das mit Weggucken reagiert.

Kategorie Dokumentation, Reportage, Feature, Magazinbeitrag

Dokumentation, Reportage, Feature, Magazinbeitrag (mit einer Länge bis 10 Minuten):

Titel: „El Salvador: Drastische Strafen für Schwangerschaftsabbruch“

von Peter Sonnenberg, NDR, 6’17“ min.

El Salvador: Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden, stehen unter dem Generalverdacht, illegal nachgeholfen zu haben. Aufgrund eines der strengsten Abtreibungsverbote weltweit bedeutet das für die Frauen mindestens Untersuchungshaft. Oft sind strengste Urteile die Folge: 30- bis 40-jährige Haftstrafen sind üblich!

Im Fokus der klassisch gemachten Begleitreportage steht die Geschichte von Guadalupe Vasquez und der Kampf um die Revision des unglaublichen Urteils, den sie – ein weiteres Mal – vor dem männlich besetzten Gericht nicht gewinnt. Der Beitrag macht aufmerksam auf ein weitgehend unbekanntes Thema. Er befasst sich mit einem erschütternden gesellschaftspolitischen Missstand und zeigt, wie der vom frauenverachtenden Machismo durchdrungene Staat und seine Gesetzgebung Frauen in El Salvador das Leben zur Hölle machen – zutiefst empörend!

Dokumentation, Reportage, Feature, Magazinbeitrag (mit einer Länge von mehr als 10 Minuten):

Titel: Der schwedische Film „Astrid Lindgren“ von der Autorin Kristina Lindström, gekürzte, deutsche NDR/ARTE-Fassung bearbeitet von Claudia Drexel, 53 min.

Der Film erzählt das Leben und Werk von Astrid Lindgren neu. Sie ist keinesfalls eine „Märchentante“, sondern eine starke und später politisch einflussreiche Frau, deren Leben von Brüchen geprägt war. Mit 18 wird die unverheiratete Astrid schwanger – 1926 ein Skandal! Eine Frauenrechtlerin rät ihr, das Baby heimlich in einer Klinik für anonyme Geburten in Kopenhagen zu bekommen. Dort lässt sie Lasse zunächst zurück, will es allein schaffen. Dieses Geheimnis bewahrt Astrid Lindgren fast ihr ganzes Leben lang. Themen wie die Einsamkeit von Kindern und Trennungsschmerz werden zu wiederkehrenden Motiven, von denen kaum jemand ahnte, dass die Autorin sie selbst durchlebt hat.

Die Biografie thematisiert Astrid Lindgren als einfühlsame, stets für Kinderrechte, Mitgefühl und Toleranz eintretende, gegen Atomkraft, Umweltzerstörung und Rassismus streitende große Schriftstellerin.

In der außergewöhnlich komplexen Dokumentation kommen Zeitzeugen zu Wort ebenso wie Astrid Lindgren selbst. Mithilfe des ausgezeichneten, in ungeheurer Fleißarbeit zusammengetragenen, bisher häufig unbekannten Archivmaterials entsteht ein außerordentlich lebendiges und differenziertes Bild der engagierten, mutigen und zutiefst humanistischen Schriftstellerin.


Kategorie Online-Kurzvideo

Platz 1

„Naya Isso – Real Isso Gang“ von Felix Ahrens https://www.youtube.com/watch?v=rsC5VHATkWc

Der Film zeigt ein Musikvideo über die Künstlerin „Naya Isso“ eine deutsche Rapperin. Das Ziel war es, ganz bewusst Geschlechterklischees zu verdrehen: In Hip-Hop-Videos sehen wir täglich, wie Männer protzige Autos fahren und mit viel Geld um sich werfen. Die „Dramaturgie der großen Hoden“ lässt sich aber ebenso auf weibliche Hip-Hop-Acts ummünzen. Die Basics aller Hip-Hop-Videos werden gleichzeitig ad absurdum geführt. Naya und ihre Gang überfallen einen Geldtransporter. In echter Gangstermanier wird die Kohle verprasst…

Platz 2 teilen sich:

„Go Beyond The Cover: Mehr Sehen!“ https://www.youtube.com/watch?v=riCQKCWdIWQ
von Sebastian Baumann, Antonia Bosl, Felix Hamann und Nadine Mavi aus München

„words on me“ https://vimeo.com/130684744
von Stephan Baglikow, Annika Hölzer, Kriss König, Franka Perpeet und Lena Schmidt aus Lüneburg


Juliane Bartel Medienpreis 2015   Bildrechte: Tom Figiel
Ilka Eßmüller, Carmen Thomas, Ministerin Cornelia Rundt, Şiir Eloĝlu und Oliver Mommsen präsentieren die Gewinnerinnen und Gewinner des 2015er Juliane Bartel Medienpreises in einer Pressekonferenz.
Juliane Bartel Medienpreis 2015   Bildrechte: Tom Figiel
Für das "Familienfoto" kamen alle auf die Bühne: die Preisträgerinnen und Preisträger, die Laudatoren, die Jurymitglieder, Ministerin Cornelia Rundt. Der Juliane Bartel Medienpreis 2015 im Landesfunkhaus des NDR war ein voller Erfolg.
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