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Niedersächsischer Gesundheitspreis 2013

Wie können Menschen mit psychischen Erkrankungen besser versorgt werden? Was können kleine und mittlere Unternehmen machen, damit ihre Beschäftigten gesund und leistungsfähig bleiben? Mit welchen technischen Mitteln kann die Kommunikation in der Gesundheitsversorgung verbessert werden? Antworten auf diese Fragen haben in Niedersachsen viele vorbildliche Initiativen gefunden. Die innovativsten unter ihnen werden heute mit dem Niedersächsischen Gesundheitspreis geehrt.

„Der Gesundheitssektor ist ein Bereich, der sich stets weiterentwickelt. Besonders innovativen Ideen geben wir mit dem Niedersächsischen Gesundheitspreis deshalb eine Plattform. Sie sollen als Vorbilder wirken und andere zum Nachahmen anregen. Patientinnen und Patienten gewinnen ebenfalls, denn ihnen kommen die neuen Entwicklungen direkt zugute“, sagte Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Cornelia Rundt anlässlich der heutigen Preisverleihung im Alten Rathaus in Hannover.

Der Niedersächsische Gesundheitspreis ist mit 15.000 Euro dotiert und wurde gemeinsam vom Niedersächsischen Sozial- und Gesundheitsministerium, dem Niedersächsischen Wirtschaftsministerium, der AOK Niedersachsen und der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN) ausgeschrieben.

„Wir brauchen in Niedersachsen gute Ideen, Projekte und Innovationen, um auch in der Zukunft die hohe Qualität der Gesundheitsversorgung in wirtschaftlicher Form gewährleisten zu können. Der niedersächsische Gesundheitspreis motiviert, auch einmal quer zu alten Strukturen zu denken. Er schafft für gute Ideen die notwendige Aufmerksamkeit“,betonte Dr. Jürgen Peter, Vorstandsvorsitzender der AOK Niedersachsen.

Dr. Jörg Berling, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der KVN: „Es wird zunehmend wichtiger, individuelle Versorgungslösungen vor Ort zu entwickeln und umzusetzen. Daher ist es notwendig, neue Wege zu gehen und gemeinsam mit allen am Gesundheitswesen Beteiligten Lösungen zu entwickeln. Der niedersächsische Gesundheitspreis setzt genau an dieser Stelle an. Die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen unterstützt aus diesem Grund den Preis."

Insgesamt wurden 88 Bewerbungen abgegeben. Eine hochkarätige und fachkundige Jury aus den Partnerinnen und Partnern des Niedersächsischen Gesundheitspreises sowie weiteren Vertreterinnen und Vertretern aus Forschung und Verbänden wählte die drei besten Projekte aus.

Kategorie „eHealth – Verbesserung der Kommunikationsketten in der Gesundheitsversorgung“:

„PAALiativ – Intelligente technische Unterstützungsmöglichkeiten in der häuslichen Versorgung für Menschen in ihrem letzten Lebensjahr“, OFFIS Institut für Informatik, Oldenburg

- dotiert mit 5.000 Euro -

Bedingt durch den demografischen Wandel steigt die Zahl von schwerkranken und hoch betagten Menschen in der häuslichen Pflege. Die meisten von ihnen wollen bis zuletzt zu Hause bleiben und nicht in einem Krankenhaus sterben. Fortschritte in den Versorgungsstrukturen und der Telemedizin ermöglichen diesen Wunsch.

Ausgangslage des Projekts war also die Frage, wie die Kommunikation aller Beteiligten erleichtert werden kann, damit sie den Patientinnen und Patienten Sicherheit in den eigenen vier Wänden vermittelt und ihre Versorgung verbessert.

Ein Alltagsszenario ist beispielsweise, dass der Pflegedienst darüber informiert ist, welche ärztliche Behandlung durchgeführt wurde oder das die Hausärztin/der Hausarzt Informationen darüber erhält, welche Palliativleistungen die Patientin oder der Patienten erhalten hat. Technische Hilfen wie vollelektronisch zu öffnende bzw. zu schließende Fenster erleichtern es Menschen, trotz eingeschränkter Mobilität in den eigenen vier Wänden zu leben. Ziel von „PAALiativ“ ist es also, die Lebenssituation so weit zu verbessern, damit ein weitestgehend unabhängiges und sozial integriertes Leben mit der bestmöglichen Lebensqualität zu Hause ermöglicht wird.

Der Informationsaustausch und die Kommunikation von Versorgern und Patientinnen bzw. Patienten sind die wesentlichen Faktoren, die dafür verbessert werden mussten. Vor diesem Hintergrund wurde ein System etabliert, das Informationen über den Patienten in der häuslichen Umgebung aufnimmt, sie für Ärztinnen bzw. Ärzte und andere Versorger aufbereitet und in einer elektronischen Akte speichert, wo sie entsprechend der jeweiligen Zugriffsrechte von den beteiligten Akteuren eingesehen werden können. Das schließt Lücken in der Versorgungskette und die Menschen werden optimal und situationsgerecht betreut.

Auf der Basis bereits erlebter Krisensituationen wurden Handlungsempfehlungen erarbeitet, die den Patientinnen und Patienten sowie den Versorgern im Bedarfsfall als Vorlage dienen. Das erleichtert es den Beteiligten, im Krisenfall optimal zu reagieren. Gleichzeitig wurden Modelle entwickelt, die Handlungsempfehlungen vorschlagen, damit es gar nicht erst zu einer Krisensituation kommt. Über eine an den Fernseher angeschlossene Set-Top-Box werden objektive Messdaten wie das Körpergewicht und subjektive Daten wie das Schmerzempfinden der Patienten erfasst. Die Box bereitet die Daten auf und stellt sie im Bedarfsfall den Versorgern online zur Verfügung. Wenn es erforderlich wird, werden die zuvor erarbeiteten Handlungsanweisungen angestoßen. Die Plattform verbindet somit auf einmalige Weise alle Versorger und schließt Lücken im Versorgungsablauf. Zusätzlich können Versorger, Angehörige sowie Patientinnen und Patienten per Video-Telefonie miteinander in Kontakt treten.

Kategorie „Gesundheit in kleinen und mittleren Unternehmen fördern“:

„(Demografie-)Vernetztes Betriebliches Gesundheitsmanagement“, Kreiskrankenhaus Osterholz, Osterholz

- dotiert mit 5.000 Euro -

Das Projekt gewährleistet unabhängig vom demografischen Wandel langfristig einen gesunden Arbeitsplatz. Es kombiniert Demografieorientierung und betriebliches Gesundheitsmanagement („BGM“) interdisziplinär miteinander und nutzt die Potentiale beider Bereiche, indem vorhandene Ressourcen optimal eingesetzt werden.


Folgende Ziele sind festgelegt:

  • Einen gesunden Arbeitsplatz unter Berücksichtigung der Altersstruktur der Belegschaft schaffen
  • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die Herausforderungen des demografischen Wandels sensibilisieren
  • Ein „Kompetenzteam Demografie“ bilden
  • Eine Ist-Analyse erarbeiten
  • Teilhabe der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am vollständigen Projektprozess ermöglichen
  • Vernetzung mit dem BGM, um die bestehenden Wechselwirkungen zwischen den demografischen Veränderungen im BMG systematisch und nachhaltig berücksichtigen zu können
  • Langfristig die hohe Qualität der Patientenversorgung sichern

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der zentralen Arbeitsbereiche im Kreiskrankenhaus wurden umfassend zum Thema Demografischer Wandel geschult.

Die Teilnehmenden setzten sich wie folgt zusammen: jeweils zwei Mitarbeiterinnen bzw. Mitarbeiter von vier Allgemeinstationen (jeweils Leitung und Stationsmitarbeitende), die pflegerische Leitung der Intensivabteilung und ein Mitarbeiter aus dem Personalrat sowie die Pflegedienstleitung. Sie fungieren anschließend als „Kompetenzteam Demografie“. Um die Grundvoraussetzungen einer demografiefesten Organisation von der Theorie auch auf die Praxis im Kreiskrankenhaus Osterholz übertragen zu können, fand im April 2013 ein unternehmensbezogener Workshop des „Kompetenzteams Demografie“ unter externer fachkundiger Moderation statt. In diesem Workshop erfolgte eine erste Standortbestimmung. Auch wurden notwendige, sich anschließende Maßnahmen abgeleitet.

Um die bisherigen Aktivitäten im Rahmen des Angebotes des „Demografie Netzwerk Nord West“ weitgehender und systematischer nutzen zu können, traf die Steuerungsgruppe Qualitätsmanagement des Kreiskrankenhauses Osterholz die Entscheidung, ein BGM einzuführen. Da sich beide Vorgehensweisen stark ähneln ergeben sich gerade in einer vernetzten Betrachtungsweise sowohl des betrieblichen Gesundheits- als auch des Demografiemanagements besondere wechselseitige Potentiale.

Folgende Ergebnisse sind bislang erzielt worden:

  • Das Teilprojekt der Demografie-Schulung ist abgeschlossen. Das Kreiskrankenhaus Osterholz verfügt über ein entsprechend geschultes „Kompetenzteam Demografie“.
  • Eine Empfehlung des Workshops war, die Demografieorientierung und das BGM miteinander zu verbinden. Die Entscheidung, ein vernetztes BGM einzuführen, ist als zentrales Ergebnis des Workshops zu sehen.
  • Es konnten Schulungsinhalte bei Reorganisationsmaßnahmen im Pflegedienst berücksichtigt und umgesetzt werden. So werden derzeit flexiblere und stationsindividuelle Arbeitszeitmodelle eingeführt. Die Pausengestaltung wurde verändert, um insbesondere Störeinflüsse zu minimieren: Statt einer gemeinsamen und meist störungsintensiven Pause verbringen die Kolleginnen und Kollegen ihre Pausen in zwei Gruppen nacheinander

Kategorie „Menschen mit psychischen Erkrankungen besser versorgen“

„Medizinische Rehabilitation für psychisch kranke Jugendliche und junge Erwachsene“, Fachklinik Waldweg des Instituts für angewandte Sozialfragen (ifas), Göttingen

- dotiert mit 5.000 Euro -

Die Fachklinik Waldweg ist eine medizinische Rehabilitationseinrichtung für psychisch kranke Jugendliche und junge Erwachsene. Im Sinne eines multimodalen Therapiekonzeptes planen die Mitarbeiter des Teams Therapien gemeinsam. Die im Team gebündelten therapeutischen Interventionen werden sinnvoll eingesetzt und bilden im Zusammenspiel mit direkten Absprachen die Grundlage für ein Rehabilitationskonzept, das die ganzheitliche Förderung der Persönlichkeit in den Mittelpunkt stellt.

Im Sinne einer kontinuierlichen Weiterbehandlung und unter Einbeziehung verschiedener Kostenträger können für die gleiche Personengruppe im Anschluss individuell passgenaue weiterführende Maßnahmen beim selben Einrichtungsträger angeboten und organisiert werden.

Die Ziele für die psychisch kranken Jugendlichen und jungen Erwachsenen im Einzelnen:

  • Die eigene Erkrankung soll wahrgenommen werden
  • Rückfälle sollen früh erkannt werden
  • Ein im Sinne der Genesung zweckmäßiges Krankheitskonzepts soll eingesetzt werden
  • Medizinische, psychotherapeutische und soziale Angebote sollen selbstverantwortlich genutzt werden
  • Die verbliebenen Fähigkeiten und Fertigkeiten sollen auch im Hinblick auf Schulbildung und Beruf realistisch eingeschätzt werden
  • Das Selbstwertgefühl soll stabilisiert werden
  • Die Herkunftsfamilien sollen in die Behandlung eingebunden werden
  • Innerhalb einer (geeigneten) Peergroup sollen Erfahrungsaustausch ermöglicht und das Selbstwertgefühl stabilisiert werden
  • Patientinnen und Patienten erhalten Hilfe bei der Verselbstständigung, insbesondere wenn es darum geht, die unterbrochene Lösung von der Herkunftsfamilie zu fortzusetzen
  • Die individuelle Belastbarkeit soll gesteigert werden
  • Die Leistungsfähigkeit soll wieder hergestellt werden

Im Fokus des Ansatzes steht die ganzheitliche Versorgung. Den Jugendlichen und jungen Erwachsenen werden wichtige Bausteine angeboten, die vor dem Hintergrund einer gemeinsamen Erfahrung schwerpunktmäßig in Gruppen umgesetzt werden:

  1. Krankheitsbewältigung - z.B. Austausch in der Peergroup (ich bin nicht alleine betroffen etc.)
  2. Soziale Kontakte – z.B. Soziales Kompetenztraining in der Bezugsgruppe, Milieutherapie
  3. Tages- und Freizeitgestaltung – z.B. freizeitpädagogische Angebote, tagesstrukturierende Maßnahmen, Sport
  4. Schule/Ausbildung – z.B. Ergo- und Arbeitstherapie, schulische Förderung, externe Belastungserprobung
  5. Selbstversorgung – z.B. Trainingsgruppen für Hygiene und Wohnfähigkeit

Zu Beginn der medizinischen Rehabilitation wird der auf die Klientel individuell zugeschnittene Rehabilitationsplan erstellt. Der Rehabilitationsplan dient der fortlaufenden Überprüfung sowie der Fortschreibung der Rehabilitations- und Therapieziele. Er berücksichtigt die Verzahnung der ärztlichen, psychotherapeutischen, ergotherapeutischen, sozialpädagogischen/-therapeutischen, wissenserhaltenden, gesundheitsfördernden und psychoedukativen Aspekte.

Die konkrete Interventionsplanung erfolgt jeweils am Einzelfall, um sie auf die entsprechenden Störungsmuster abzustimmen. Die Reflektion über die (nur noch) vorhandenen Ressourcen sind für die Klienten oft schmerzhaft und schwierig. Die im Rehabilitationsplan erarbeiteten Ziele werden gemeinsam mit dem Klienten auf ihre Realisierung überprüft und entsprechende Anschlussmaßnahmen eingeleitet.

Zwischen April 2005 und Juli 2010 wurden systematisch Daten in einer isolierten Evaluation erhoben. Sie sollten erste Hinweise liefern, wie effektiv die Rehabilitation hinsichtlich einer verbesserten sozialen Teilhabe sowie des allgemeinen psychischen und körperlichen Befindens ist. Im Ergebnis wurde die Rehabilitationsdauer von der Mehrheit der Teilnehmenden bei verhältnismäßig geringer Unterbrechungsdauer ausgeschöpft. Ferner wurde die Arbeits- und/oder Schulfähigkeit stark erhöht. Bis auf sechs Prozent konnten sämtliche Teilnehmenden in eine Folgemaßnahme (Schule, Arbeitsmarkt o.a. berufsvorbereitenden Maßnahmen) integriert werden. Ebenso berichtete die große Mehrheit der Befragten, dass sich ihre Verselbständigung, ihre Lebensqualität, die eigene Krankheitsbewältigung, die sozialen Kompetenzen und die psychische Belastbarkeit zum Rehabilitationsende verbessert haben.

Ergebnis: Deutlich war, dass ambulante Behandlungsangebote stärker genutzt wurden und dass der stationäre Behandlungsbedarf sank. Ferner ging die allgemeine Symptombelastung und die Beeinträchtigung im sozialen und beruflichen bzw. schulischen Leben zwischen Rehabilitationsbeginn und -ende bedeutend zurück Die Teilnehmenden waren wieder vermehrt in der Lage, ihren Alltag zu meistern und aktiv zu gestalten. Ebenso zeigte sich, dass zwischenmenschliche Konflikten besser bewältigt werden konnten. Auch wurde das soziale Umfeld (Familie, Freunde etc.) bereits im Rehabilitationsverlauf stärker genutzt.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Konzept der Fachklinik in großen Teilen die Bedürfnisse der Teilnehmenden in Hinblick auf die aufgeführten Ziele erfüllt hat. Durch einen ständigen Austausch im multiprofessionellen Team werden die Angebote der medizinischen Rehabilitation stetig überprüft und bei Bedarf verändert. Durch eine stetige Optimierung der Maßnahme konnte ein Übergang vom „Modellprojekt“ in die „Regelversorgung“ der Krankenkassen im Jahr 2010 erreicht werden.

Niedersächsischer Gesundheitspreis 2013, Preisträger Katerogie 1

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Niedersächsischer Gesundheitspreis  

Am 20.11. hat die Ministerin den Niedersächsische Gesundheitspreis im Alten Rathaus in Hannover verliehen. Zu den ausgezeichneten Projekten gehört "PAALiativ" vom OFFIS Institut für Informatik aus Oldenburg. (1/4)

Niedersächsischer Gesundheitspreis  

Ebenfalls mit dem Niedersächsischen Gesundheitspreis ausgezeichnet wurde das Kreiskrankenhaus Osterholz für sein Projekt „(Demografie-)Vernetztes Betriebliches Gesundheitsmanagement“. (2/4)

Niedersächsischer Gesundheitspreis  

Mit ihrem Angebot der „Medizinischen Rehabilitation für psychisch kranke Jugendliche und junge Erwachsene“ hat die Fachklinik Waldweg des Instituts für angewandte Sozialfragen (ifas) aus Göttingen die Gesundheitspreis-Jury überzeugt. (3/4)

Niedersächsischer Gesundheitspreis  

Für ein Gruppenfoto kamen alle Geehrten, die Ministerin sowie die Laudatorinnen und Laudatoren noch einmal auf die Bühne. (4/4)

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