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2. Nationale Konferenz zur Umsetzung der EU-Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf kommunaler und regionaler Ebene

Nachdem Frankfurt am Main im November 2013 den Auftakt geboten hat für einen nationalen Dialog über die Umsetzung der Europäischen Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf kommunaler und regionaler Ebene, setzte die Stadt Wuppertal diesen Dialog im Frühjahr 2016 fort.

Niedersachsens Sozial- und Gleichstellungsministerin Cornelia Rundt – in diesem Jahr auch Vorsitzende der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz GFMK – war zu Gast auf der „2. Nationalen Konferenz zur Umsetzung der EU-Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf kommunaler und regionaler Ebene“und hat an der Diskussion unter dem Motto „Wo ist der Rückenwind für Gleichstellungspolitik vor Ort?“ teilgenommen.

Die Europäische Gleichstellungscharta wurde bereits 2006 vom Rat der Gemeinden und Regionen Europas (RGRE) entwickelt. Sie soll dazu beitragen, die Umsetzung der Europäischen Strategie zur Gleichstellung von Frauen und Männern vor Ort in den Kommunen zu unterstützen. Sie soll aber auch dazu dienen, sich vor Ort in den Kommunen mit allen Akteurinnen und Akteuren aus Politik, Verwaltung und Stadt- bzw. Zivilgesellschaft auf gleichstellungspolitische Ziele und Maßnahmen zu verständigen. Damit wird sie für immer mehr Kommunen ein strategisches Instrument, um breit gefächert Akteure und Akteurinnen in die Gleichstellungspolitik einzubinden, Gleichstellungspolitik auf viele Füße zu stellen und Transparenz hinsichtlich der Umsetzung zu schaffen.

In Deutschland haben bisher 40 Städte und Gemeinden die Charta unterzeichnet.

Die Charta wendet sich an Lokal- und Regionalregierungen in Europa. Sie wirbt dafür, sich mit der Unterzeichnung dieser Charta formell und öffentlich zum Grundsatz der Gleichstellung von Frauen und Männern zu bekennen und die sich hieraus ergebenden Verpflichtungen örtlich umzusetzen. Es wird anerkannt, dass

- die Gleichstellung ein Grundrecht ist,

- Diskriminierungen und Benachteiligungen anzusprechen sind, um die Gleichstellung zu garantieren,

- eine ausgewogene Mitwirkung von Frauen und Männern an Entscheidungs-prozessen eine Grundbedingung einer demokratischen Gesellschaft ist,

- die Beseitigung von Geschlechterstereotypen von grundlegender Bedeutung für die Gleichstellung ist,

- die Einbeziehung der Geschlechterperspektive in alle Aktivitäten der der Lokal- und Regionalregierungen für die Förderung der Gleichstellung erforderlich ist und

- entsprechend dotierte Aktionspläne und Programme notwendige Instrumente zur Förderung der Gleichstellung sind.

Dazu ist ein Gleichstellungs-Aktionsplan zu erarbeiten, der die für diesen Zweck vorgesehenen Prioritäten, Aktivitäten und Ressourcen darlegt. Die Körperschaften verpflichten sich weiterhin, alle Institutionen und Organisationen innerhalb ihres Gemeindegebietes einzubeziehen, um ein umfangreiches Meinungsbild einzuholen und die praktische Umsetzung durch eine weite Planverbreitung sicherzustellen. Umsetzungsfortschritte werden öffentlich gemacht und Pläne den Erfordernissen entsprechend weiterentwickelt bzw. revidiert. Es gibt thematischen Austausch und Zusammenarbeit innerhalb Europas.

Die Charta enthält Artikel insbesondere

- zur Mitwirkung am politischen und zivilgesellschaftlichen Leben einschließlich der Fairness im Verfahren,

- zum Kampf gegen Stereotype,

- zur Bewertung geschlechterspezifischer Auswirkungen im gesamten eigenen Kompetenzbereich,

- zu Diskriminierungs- und Benachteiligungsverboten aller Art

- zur Rolle der Beteiligten als ArbeitgeberInnen (z. B. Lohngleichheit, ausgewogene Vertretung beider Geschlechter, faire Einstellungsverfahren etc.)

- zum Bildungs-, Sozial- und Gesundheitswesen

- zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf

- zur Nachhaltigkeit (u. a. Stadtplanung, Mobilität, Wirtschaftsentwicklung, Um-welt)

- zur Sicherheit im öffentlichen und privaten Raum (z. B. Umsteigeplätze ÖPNV, Straßenbeleuchtung), zu geschlechterspezifischer Gewalt als Menschen-rechtsverletzung (z. B. Bereitstellung von Hilfestrukturen für Opfer und öffentlicher Informationen in unterschiedlichen Sprachen) und zum Menschenhandel.

Eine Gleichstellung der Geschlechter ist zweifelsohne noch nicht erreicht, so dass die größte Anzahl der Maßnahmen sinnhaft bleibt.

Auf Europa bezogen hat auch die Landesregierung eine Verpflichtung zu regionaler Unterstützung. Dies geschieht durch die verschiedenen Landesprogramme.

Hier ist zunächst das Programm zu nennen. An 24 Standorten gibt es frauenspezifische Beratungsstellen insbesondere für Berufsrückkehrerinnen, die eng mit der regionalen Wirtschaft zusammenarbeiten. Träger der Koordinierungsstellen sind Kommunen, kommunale Zusammenschlüsse, Bildungsträger und Kammern. Die Koordinierungsstellen entwickeln vor Ort als Geschäftsstelle eines Unternehmensverbundes (mit insgesamt über 1200 Mitgliedern in ganz Niedersachsen) Maßnahmen für eine familienorientierte Personalpolitik und für mehr Chancengleichheit. Sie informieren interessierte Frauen und Betriebe zu Themen wie geschlechtergerechte Personalauswahl, Vereinbarkeit von Beruf und Pflege; Existenzgründung für Frauen, Kinderbetreuung in Notfällen und Ferienzeiten; Mentoringprogramme, Qualifizierungsangebote in Teilzeit. Die Leiterinnen der Koordinierungsstellen sind in ihren weit verzweigten Netzwerken vor Ort die kompetenten Ansprechpartnerinnen für eine bessere Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen. Sie tragen in den Regionen wesentlich dazu bei, dass die Gleichberechtigung von Frauen und Männern besser gelingt.

Um die Gleichstellung auf lokaler Ebene voranbringen zu können, muss beispielsweise auch die Aktivität der in den Kommunen tätigen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger entsprechend ausgerichtet sein. Kompetente politische Entscheidungen zu treffen bedeutet, die Auswirkungen der politischen Maßnahmen auf die unterschiedlichen Zielgruppen differenziert abzuschätzen, verschiedene Sichtweisen einzubringen und dadurch Benachteiligungen zu verhindern. Eine ausreichende Berücksichtigung von Erfahrungen und Kompetenzen von Frauen ist dabei unabdingbar.

Insbesondere in den Kommunalparlamenten sind Frauen jedoch oftmals deutlich unterrepräsentiert. Um mehr Frauen für die kommunalen Parlamente zu gewinnen, hat Nieder-sachsen im Vorfeld der diesjährigen Kommunalwahl das Mentoring-Programm „Politik braucht Frauen“ mit etwa 850 Teilnehmenden durchgeführt. Über den Zeitraum von einem Jahr hat eine interessierte Frau als Mentee eine erfahrene Mandatsträgerin / einen erfahrenen Mandatsträger (Mentorin/ Mentor) im kommunalpolitischen Alltag begleitet.

Neben der Gewinnung politisch interessierten weiblichen Nachwuchses sollten auch die Parteien für das Thema sensibilisiert werden, einhergehend mit einem Appell zur Selbstverpflichtung einer paritätischen Aufstellung ihrer Wahllisten.

Auch ein Aktionsprogramm zum Demografischen Wandel ("älter, bunter, weiblicher - WIR GESTALTEN ZUKUNFT!") soll dazu beitragen, die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Geschlechterrollen sichtbar zu machen. Die vielfältigen Bedürfnisse und Potentiale von Männern und Frauen unterschiedlichen Alters und in unterschiedlichen Lebenssituationen werden einbezogen z. B. in die Themen Infrastruktur, Arbeitsmarkt, Wohnen im Alter, Integration, Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Dieses Programm finanziert bis zu 50 % der Kosten, die für unterschiedlichste Projekte kommunaler Gleichstellungsbeauftragter entstehen.

Die frauenORTE sind ein Projekt, das Frauengeschichte und Frauenkultur einer breiten Öffentlichkeit zugänglich macht, Kultur im Land fester verankert und erlebbar werden lässt. Die verschiedenen Präsentationen schaffen einen persönlichen Zugang zu lokaler Frauengeschichte und setzen sich z. B. deutlich mit Geschlechterstereotypen auseinander. Gerade wurde der 30. frauenORT eröffnet.

Die Ministerin spricht auf der 2. Nationalen Konferenz zur EU-Charta zur Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler und regionaler Ebene   Bildrechte: Antje Zeis-Loi, Stadt Wuppertal, Stadtbetrieb Schulen, Medienzentrum
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