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Zuwanderung und Integration - Chancen für Niedersachsen nutzen

Rede von Sozialministerin Cornelia Rundt am 22.10.2014 im Niedersächsischen Landtag


- Es gilt das gesprochene Wort -

„Niedersachsen ist ein Bundesland, das von Zuwanderung geprägt ist. Erst durch Nachkriegsflüchtlinge und Vertriebene, dann durch die sogenannten Gastarbeiterinnen und Gastarbeiter und ihre Familien, später durch Flüchtlinge aus verschiedenen Kriegsgebieten.

Die Niedersächsische Landesregierung steht für ein weltoffenes Niedersachsen und Humanität in der Flüchtlings-, Asyl- und Ausländerpolitik. Wir haben einen Paradigmenwechsel in der gesamten Migrations- und Teilhabepolitik eingeleitet und haben das, was in der Verantwortung des Landes steht, unmittelbar in Angriff genommen.

Zu den Eckpunkten gehören insbesondere

  • die Humanisierung der Flüchtlingsaufnahme
  • das aktive Eintreten gegen Diskriminierungen, gemeinsam mit migrantischen Organisationen und Religionsgemeinschaften
  • die Förderung der Professionalisierung von Migrantenorganisationen.

Die Landesregierung hat kürzlich einen interministeriellen Arbeitskreis Migration und Teilhabe (IMAK MuT) auf Staatssekretärsebene eingerichtet. Seine Aufgabe ist es, ein Niedersächsisches Programm für Vielfalt und Teilhabe zu entwickeln.

Parallel zum IMAK wird die Landesregierung einen niedersächsischen Beirat für Migration und Teilhabe einrichten.

Seine Aufgabe wird es sein, die Arbeit des IMAK zu begleiten und an der Entwicklung eines Niedersächsischen Programms für Vielfalt und Teilhabe mitzuwirken. Den Vorsitz des Beirates übernimmt die Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe.

Das Zusammenwirken von IMAK und Beirat wird die Chancen für Niedersachsen, die aus Zuwanderung und Integration entstehen, aufzeigen und die Realisierung voranbringen.

Die rot-grüne Landesregierung steht für ein weltoffenes Niedersachsen und Humanität in der Flüchtlings-, Asyl- und Ausländerpolitik.

Ich möchte nicht auf alle Einzelheiten eingehen - das wäre hier in der Kürze der Zeit gar nicht in angemessener Weise möglich. Nachfolgend trotzdem einige Maßnahmen im Überblick, mit denen wir Niedersachsen und sogar Deutschland weltoffener gemacht haben:

Die Härtefallkommission ist in die Lage versetzt worden, ihren vor allem humanitären Auftrag zu erfüllen.

Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz werden nicht mehr in Form von Wertgutscheinen gewährt, sondern durch Überweisungen oder Schecks.

Im Hinblick auf die erwartete und dringend erforderliche gesetzliche stichtagsunabhängige Bleiberechtsregelung ermöglichen wir den weiteren Aufenthalt derjenigen, die hiervon potenziell begünstigt sind.

Die Arbeit der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen wurde neu ausgerichtet, damit die Menschen bei uns schneller Fuß fassen und sich gut zurechtfinden können.

Humanitäre Flüchtlingspolitik endet aber nicht an den Grenzen von Deutschland oder Niedersachsen. Deutschland hat sich bisher bereit erklärt, 20.000 besonders schutzbedürftige Flüchtlinge aus Syrien aufzunehmen.

Das waren nur einige Beispiele, die deutlich zeigen, dass wir schon ordentlich vorankommen sind.

Allerdings sind auch bundesgesetzliche Veränderungen dringend erforderlich. Es ist erfreulich, dass die Große Koalition auf Bundesebene die Schaffung einer solchen nachhaltigen – weil von Stichtagen unabhängigen – Bleiberechtsregelung vereinbart hat.

Wir haben uns auf Bundesebene für die Abschaffung der Optionspflicht eingesetzt, von der insbesondere junge Menschen mit Drittstaatsangehörigkeit, wie die z.B. aus der Türkei, betroffen waren.

Jetzt haben wir eine Lösung, die über 90% aller Betroffenen erfasst. Manche sind zwar damit unzufrieden, aber wer sagt denn, dass wir für die verbleibenden 10% nicht auch noch eine Lösung finden werden.

Deshalb setzen wir uns weiterhin für die vollständige Abschaffung des Optionsverfahrens ein und arbeiten daran auch für die erleichterte Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit eine politische Mehrheit zu erreichen.

Im Jahr 2013 betrug der positive Saldo für Niedersachsen ca. 35.000 Personen. Die Zuwandernden kamen überwiegend aus europäischen Staaten zu uns.

Unter den seit dem Jahr 2000 Zugewanderten im Alter von mindestens 18 Jahren weisen weit über 30 % die Hochschul- bzw. Fachhochschulreife auf und über 20 % besitzen einen Hochschul- bzw. Fachhochschulabschluss. Willkommenskultur bedeutet aber auch, den Menschen, die noch keinen oder nur einen niedrigen Bildungs- oder Berufsabschluss aufweisen, Perspektiven zu eröffnen, z.B. durch Qualifizierungsmaßnahmen.

Auch eine moderne Landesverwaltung muss die Vielfalt der Bevölkerung in der Zusammensetzung ihrer Mitarbeiterschaft widerspiegeln. Ziel der Landesregierung ist es daher, den Anteil von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte weiter zu erhöhen.

Niedersachsen unterstützt angesichts der wachsenden Bedeutung von Zuwanderung und von gesellschaftlicher Teilhabe die Ausländerbehörden auf ihrem Weg, sich - auch bei nach wie vor fortbestehenden ordnungsbehördlichen Aufgaben - verstärkt zu „Willkommensbehörden“ weiterzuentwickeln.

Migrations- und Teilhabepolitik in Niedersachsen heißt aber auch:

Begegnung mit den Akteurinnen und Akteuren der Migrantenorganisationen auf Augenhöhe, Herausforderungen gemeinsam annehmen und Lösungen erarbeiten. Förderlich in diesem Prozess ist u.a. ein hoher Professionalisierungsgrad.

Der Einbezug und ihre Beteiligung lässt unsere Erwartungen an die Aktiven in den Migrantenorganisationen, die ja häufig Ehrenamtliche sind, wachsen. Nutzen von einer Professionalisierung haben alle Beteiligten. Dies schließt auch eine vorübergehende institutionelle Förderung von landesweit tätigen, multiethnisch und multikulturell organisierten Migrantendachorganisationen als strategische Partner der Landesregierung ein.

Die Landesregierung hat Koordinationsstellen eingerichtet.

Damit schaffen wir ein lokales Migrations- und Teilhabemanagement für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte vor Ort.

Auch die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder haben sich auf Ihrer Jahreskonferenz in der letzten Woche mit den Folgen der aktuellen Zugangssituation von Flüchtlingen befasst. Sie bitten die Bundesregierung, zügig Maßnahmen auf den Weg zu bringen, um Länder und Kommunen zu entlasten.

Hier sind insbesondere zu nennen:

  • Planung und Zulassung von Flüchtlingsunterkünften zu erleichtern (BR-Drucksache 419/14 Beschluss),
  • Bereitstellung von geeigneten Bundesimmobilien zur Erstellung von Flüchtlingsunterkünften,
  • Bessere Personalaustattung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlingen (BAMF), damit eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge erfolgen kann,
  • Bereitstellung zusätzlicher finanzieller Mittel für die Unterbringung, Verpflegung und Integration – einschließlich unbegleiteter Minderjähriger – zur Entlastung der Länder.

Ich wünsche mir, dass wir alle - also Politik und Gesellschaft - auch zukünftig für eine humane Flüchtlingspolitik eintreten.

Das ist einerseits im humanitären Interesse, aber ich sehe hierin auch eine kulturelle, wirtschaftliche und nicht zuletzt demografische Bereicherung für unser Land.“

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.10.2014

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