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Umbettungen von Urnen: Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage, Landtagssitzung am 13.05.15

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung


Die Abgeordneten Hillgriet Eilers, Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr, Christian Grascha und Dr. Marco Genthe (FDP) hatten gefragt:

§ 15 - Ausgrabungen und Umbettungen - des Niedersächsischen Gesetzes über das
Leichen-, Bestattungs- und Friedhofswesen (BestattG) lautet: Leichen und Aschenreste in Urnen dürfen außer in den bundesrechtlich geregelten Fällen vor Ablauf der Mindestruhezeit nur mit Genehmigung der unteren Gesundheitsbehörde ausgegraben oder umgebettet werden. Die Genehmigung darf nur erteilt werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Umbettung darf auch zugelassen werden, wenn ein öffentliches Interesse dafür vorliegt, einen Friedhof ganz oder teilweise aufheben zu können (§ 16).“

1. Wie viele Anträge auf Umbettung von Urnen gab es in den letzten fünf Jahren, und wie viele wurden aus welchen Gründen genehmigt?

2. Wann liegt ein wichtiger Grund im Sinne des § 15 Satz 2 vor, und welche Gründe werden in der Regel gegen eine Umbettung angeführt?

3.Sieht die Landesregierung eine Möglichkeit, bei Abwägungen in Zukunft die Wünsche von Hinterbliebenen stärker zu gewichten, und, wenn nein, warum nicht?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

§ 15 BestattG ist durch Gesetz des Niedersächsischen Landtages vom 08.12.2005 zum 01.01.2006 in Kraft getreten. Nach der bis dahin geltenden Rechtslage ist nur die Umbettung einer Leiche genehmigungspflichtig gewesen, wobei die gesetzliche Regelung das Erfordernis eines wichtigen Grundes nicht vorsah. Nach der Gesetzesbegründung (Landtags-Drucksache 15/1150, Gesetzentwurf der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP vom 02.06.2004, S. 19) trägt die Regelung in § 15 dem Schutz der Totenruhe Rechnung und verpflichtet die zuständige Behörde, vor einer Ausgrabung oder Umbettung eingehend zu prüfen, ob die damit zwangsläufig verbundene Störung der Totenruhe gerechtfertigt ist. Dies gilt für die Ausgrabung und Umsetzung von Urnen ebenso wie für die Ausgrabung und Umbettung von Leichen. Ziel der Regelung ist es, einen Eingriff in die Totenruhe auf wenige Ausnahmefälle zu beschränken. Wie in der Gesetzesbegründung weiter ausgeführt wird, kann ein wichtiger Grund der Wunsch der verstorbenen Person oder einer hinterbliebenen Person sein, dass nahe Angehörige gemeinsam in einer Grabstätte beigesetzt werden. Bei einer beabsichtigten Umsetzung oder Umbettung auf einen anderen Friedhof wird eine vorherige Abstimmung zwischen beiden Friedhofsträgern erforderlich sein, damit die Störung der Totenruhe sich in engen Grenzen hält.

Die Aufgabenwahrnehmung nach § 15 BestattG gehört gemäß § 20 Satz 1 zweiter Halbsatz BestattG zum übertragenden Wirkungskreis der unteren Gesundheitsbehörde. Untere Gesundheitsbehörden sind gemäß § 10 Absatz 1 des Niedersächsischen Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst (NGöGD) die Landkreise, die kreisfreien Städte und die Region Hannover.

Zu 1.:

Wie viele Anträge auf Umbettung von Urnen es in den letzten fünf Jahren gab und wie viele Anträge aus welchen Gründen genehmigt worden sind, ist der Landesregierung nicht bekannt. Wie in der Vorbemerkung ausgeführt worden ist, sind die Anträge von den zuständigen Kommunen entgegen zu nehmen und zu bescheiden. Berichtspflichten gegenüber der Landesregierung bestehen insoweit nicht. Statistische Erhebungen werden nicht vorgenommen.

Zu 2.:

Nach der geltenden Rechtsprechung ist ein wichtiger Grund für eine Umbettung dann anzunehmen, wenn es der antragstellenden Person nach Abwägung mit der Totenruhe nicht zuzumuten ist, das Verbleiben der Leiche am bisherigen Bestattungsort hinzunehmen. Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 12.08.2014 (8 LA 71/14) festgestellt, dass die Anforderungen an das Vorliegen eines die Umbettung vor Ablauf der in § 14 Satz 1 BestattG bestimmten Mindestruhezeit ausnahmsweise gestattenden wichtigen Grundes in Abhängigkeit von dem mit der Ruhezeit verfolgten Zweck zu bestimmen sind. Die Mindestruhezeit soll bei Erdbestattungen eine ausreichende Verwesung der Leiche gewährleisten und sowohl bei der Erd- als auch bei der Feuerbestattung eine angemessene Totenehrung ermöglichen (Randnummer 8 des Beschlusses).

Ein Grund ist daher nur dann „wichtig“, wenn das ihn tragende Interesse den Schutz der Totenruhe überwiegt.

Dies kann angesichts der dargestellten verfassungsrechtlichen Verortung des Schutzes der Totenruhe nur in Ausnahmefällen angenommen werden, etwa wenn die Umbettung die Würde des Verstorbenen besser wahrt und seinem Willen besser Rechnung trägt, sei es, dass der Verstorbene zu Lebzeiten sein ausdrückliches Einverständnis mit der Umbettung erklärt hat oder zumindest Tatsachen und Umstände gegeben sind, aus denen ein dahingehender Wille des Verstorbenen mit hinreichender Sicherheit gefolgert werden kann, wenn der Ehepartner des Verstorbenen wünscht, in der gleichen Grabstelle beigesetzt zu werden, und dieser Wunsch nur durch eine Umbettung des Verstorbenen realisiert werden kann oder wenn den Angehörigen des Verstorbenen aufgrund zwingender persönlicher und auf einer atypischen, völlig unerwarteten Entwicklung ihrer Lebensumstände beruhenden und nicht zum allgemeinen Lebensrisiko jedes Angehörigen eines Verstorbenen gehörenden Umstände die Totenfürsorge in unzumutbarer Weise erschwert oder gar unmöglich gemacht wird (Randnummer 9 des Beschlusses).

Welche Gründe in der Regel gegen eine Umbettung angeführt werden, ist der Landesregierung aufgrund der in der Antwort zu Frage 1 dargestellten Umstände und der Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen nicht bekannt.

Zu 3.:

Die Landesregierung sieht keine Möglichkeit, die Wünsche von Hinterbliebenen zukünftig stärker zu gewichten. Sie ist an die vom Niedersächsischen Landtag geschaffene Gesetzeslage ebenso wie die das BestattG ausführenden Behörden gebunden. Nach dieser Gesetzeslage ist entscheidend, ob ein wichtiger Grund für eine Umbettung vorliegt. Da die behördlichen Entscheidungen über das Vorliegen eines wichtigen Grundes für eine Umbettung der uneingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Überprüfung unterliegen, ist die Letztentscheidungsbefugnis der Gerichtsbarkeit zugewiesen. Insofern kommt es nicht auf die Wünsche von Hinterbliebenen an, sondern auf die vom Niedersächsischen Landtag für Umbettungen geschaffene Rechtslage.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
13.05.2015

Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger

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