Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung Niedersachsen klar Logo

Trägerverein für Präventionsstelle gegen neo-salafistische Radikalisierung gegründet

Sozialministerin, islamische Verbände, Uni Osnabrück und weitere Partner rufen das Präventionsangebot „beRATen“ ins Leben - DITIB-Vorsitzender Yilmaz Kiliç: „Wir setzen auf Vertrauen und werden so wirklich helfen können“


Die niedersächsische Präventionsstelle gegen neo-salafistische Radikalisierung wird "beRATen" heißen. Unter Federführung von Sozialministerin Cornelia Rundt und unter enger Beteiligung der islamischen Verbände DITIB und SCHURA sowie der Universität Osnabrück wurde der Trägerverein für diese Beratungsstelle heute im Gästehaus der Landesregierung gegründet.

„Die Präventionsstelle "beRATen" wird ein wichtiges Instrument sein, um Familien unter die Arme zu greifen, in denen junge Menschen unter dem Einfluss der menschenverachtenden Ideologie von Hasspredigern und Djihadisten stehen“, erklärte Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt. Das Beratungsangebot werde sich in erster Linie an die Angehörigen junger Menschen richten, die in neo-salafistischen Extremismus und Gewalt abzudriften drohten. „Dass wir uns mit den islamischen Verbänden und weiteren Partnern auf den Aufbau dieses Präventionsangebots einigen konnten, ist ein großer Erfolg“, betonte Rundt: „Statt wie zuvor die Muslime mit anlassunabhängigen Moscheekontrollen und Exremisten-Checklisten unter einen Generalverdacht zu stellen, setzen wir nun auf vertrauensvolle Kooperation. Die islamischen Verbände werden eng eingebunden in die Präventionsarbeit, die damit besser akzeptiert und wesentlich erfolgversprechender aufgestellt sein wird.“

Der heutigen Trägervereinsgründung waren Verhandlungen vorausgegangen, an denen auch die Universität Osnabrück beteiligt war. Es bestand Einigkeit in der Einschätzung, dass die Präventionsstelle in freier Trägerschaft betrieben werden soll - eine weitere Abgrenzung von der vorherigen Ansiedlung der Präventionsarbeit beim Verfassungsschutz, die eventuelle Adressaten abgeschreckt hatte. „Für die Universität Osnabrück ist es nicht zuletzt als Trägerin des Instituts für Islamische Theologie ein wichtiges gesellschaftspolitisches Anliegen, den interreligiösen Dialog zu fördern und für die Toleranz einzutreten“, erläutert der Präsident der Universität Osnabrück, Prof. Dr. Wolfgang Lücke: „Allein deshalb ist es für uns selbstverständlich, gegen neosalafistische Bewegungen vorzugehen und die neue Beratungsstelle zu unterstützen.“

Die Kosten für die Geschäftsstelle sowie die drei Beraterinnen und Berater werden vom Land getragen. Das Angebot soll landesweit aufgestellt und durch aufsuchende Sozial- und Beratungsarbeit geprägt sein. Neben DITIB, SCHURA, der Uni Osnabrück und dem Land zählen der Landesjugendring Niedersachsen, der Niedersächsische Städtetag, Herr Marks vom Landespräventionsrat und Herr Dr. Marcus, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, zu den Gründungsmitgliedern.

„Keiner, der wegen der Radikalisierung eines Angehörigen beunruhigt ist, muss mehr Angst haben, dass er diesen an den Verfassungsschutz ausliefert“, sagte der DITIB-Vorsitzende Yilmaz Kiliç: „Die neue Beratungsstelle wird von den islamischen Verbänden mit getragen und ist unabhängig - wir setzen auf Vertrauen und werden so tatsächlich helfen können.“ Der SCHURA-Vorsitzende Avni Altiner ergänzte: „Wir sind froh, dass das Thema nun beim Sozialministerium angesiedelt ist und endlich als gesellschaftliches Problem erkannt wurde, und auch als solches behandelt wird. Ebenfalls sind wir der Landesregierung dankbar für den respektvollen Umgang mit den muslimischen Bürgern in Niedersachsen, das zeigt das man hier auf Augenhöhe miteinander arbeitet.“

„Die Vorgängerregierung hat viel Porzellan zerschlagen, das wir nun wieder aufkehren müssen. Es ist gut, dass die Präventionsarbeit jetzt beim Sozialministerium angesiedelt ist.“

Die Präventionsstelle gegen neo-salafistische Radikalisierung wird Ratsuchenden Wege für die Abwendung von gewaltbezogener und extremistischer Ideologie und eine Reintegration in die Gesellschaft aufzeigen und dabei begleiten. Betroffene sowie insbesondere Familienangehörige, Freunde und Bekannte aus dem privaten, schulischen und beruflichen Umfeld von Radikalisierung Betroffener junger Menschen werden Beratung und Unterstützung finden. „Ich möchte an dieser Stelle noch einmal unterstreichen, dass neo-salafistische Radikalisierung weder ein rein religiöses noch integrationspolitisches Problem ist“, sagte Cornelia Rundt, „sondern ein äußerst ernst zu nehmendes gesellschaftliches Phänomen darstellt, von dem besonders junge Männer betroffen sind.“

Der Verein wird nun schnell den Aufbau einer Geschäftsstelle und die Einstellung der Beraterinnen und Berater vorantreiben. In einem ersten Beschluss entschied der Vereinsvorstand, bereits an diesem Samstag eine Stellenanzeige zu schalten. Außerdem wurde die Freischaltung einer Telefon-Hotline zur Erstberatung von Rat und Hilfe suchenden Menschen bekannt gegeben. Unter der hannoverschen Rufnummer

0511 - 700 520 40

erreichen Ratsuchende werktags von 9.00 bis 15.00 Uhr qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, die mit dem Anrufer über die Situation sprechen, erste Hinweise geben und den Kontakt zu Beraterinnen und Beratern - für Niedersachsen künftig auch zu „beRATen“ - herstellen. Hierüber können auch erste Gespräche auf Türkisch, Arabisch und Russisch vermittelt werden.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.12.2014

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln