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Studie zur Wohnortnähe in Zusammenhang mit Krebshäufungen und der Erdöl- und Erdgasförderung vorgestellt – Folgestudie angekündigt

Heute Vormittag wurde im Niedersächsischen Landtag eine landesweite epidemiologische Studie zu Zusammenhängen von Krebshäufungen mit der Erdöl- und Erdgas-Förderung sowieohrschlammgruben vorgestellt - die sogenannte „Abstandsstudie“. Das Niedersächsische Sozialministerium hatte diese Studie in Auftrag gegeben, nachdem für die Jahre 2014 und 2015 im Landkreis Rotenburg (Wümme) eine erhöhte Neuerkrankungsrate bei hämatologischen Krebserkrankungen von Männern festgestellt worden war. Im Rahmen der Abstandsstudie wurde ein Gebiet von 15 Landkreisen in den Blick genommen, die im Wesentlichen den sich über Niedersachsen erstreckenden Gürtel an Erdgas- und Erdölförderung abdecken. Ein genereller Zusammenhang zwischen dem Auftreten von Krebserkrankungen und der Wohnortnähe zu Erdöl- und Erdgasförderanlagen sowie Bohrschlammgruben konnte nicht festgestellt werden. Speziell mit Blick auf die Erdgasförderung ergaben sich indes Hinweise, denen nun in einer Folgestudie weiter nachgegangen wird.

Im Rahmen der Sonderauswertung von Daten des Epidemiologischen Krebsregisters Niedersachsen (EKN) war für die Jahre 2014 und 2015 in der Samtgemeinde Bothel im Landkreis Rotenburg (Wümme) eine erhöhte Anzahl von hämatologischen Krebserkrankungen bei Männern aufgefallen. Eine vom Landkreis durchgeführte Untersuchung in der Samtgemeinde Bothel lieferte 2017 Hinweise, dass vor allem eine wohnliche Nähe zu Bohrschlammgruben einen Zusammenhang zu hämatologischen Krebserkrankungen aufweisen könnte. Für die wohnliche Nähe zu Anlagen der Erdgasförderung war nur ein schwacher Hinweis zu finden. Das Niedersächsische Sozial- und Gesundheitsministerium gab daraufhin 2017 die Abstandsstudie in Auftrag, mit der untersucht werden sollte, ob sich entsprechende Hinweise auch landesweit in Zusammenhang mit Kohlenwasserstoffförderung erkennen lassen.

Das Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin des Klinikums der Universität München hat nun überprüft, ob sich die für die Samtgemeinde Bothel gefundenen Hinweise niedersachsenweit bestätigen lassen. Zusammengefasst bedeutet dies:

- Ein Zusammenhang der räumlichen Wohnortnähe zu Schlammgrubenverdachtsflächen oder zur Kohlenwasserstoffförderung (Erdöl- und Erdgasförderanlagen zusammen betrachtet) wurde nicht nachgewiesen.

- Auch zeigten sich hierbei weder zwischen Frauen und Männern Unterschiede, noch fielen einzelne Unterdiagnosegruppen wie Leukämien oder Multiple Myelome auf, wie es in der Samtgemeinde Bothel der Fall ist.

- Weitere ergänzende Analysen zeigen allerdings statistisch auffällige Zusammenhänge der räumlichen Wohnortnähe speziell zu Erdgasförderanlagen. Waren bei der Krebshäufung in Bothel Männer statistisch signifikant, so sind es bei der Abstandsstudie und dem Fokus auf Erdgasförderung nun Frauen.

- Speziell für den Landkreis Rotenburg (Wümme) konnten mit der Studie die ersten Hinweise der 2017 veröffentlichten Befragungsergebnisse aus der Samtgemeinde Bothel auf vermehrte hämatologische Krebserkrankungen in räumlicher Nähe zu Anlagen der Kohlenwasserstoffförderung wiederholt werden.

Das Fazit: Zufall, konkurrierende Risikofaktoren sowie auch regionale mit der Gasförderung verbundene oder auch unabhängig von ihr existierende Faktoren könnten diese Beobachtungen der Studie erklären. Mit keiner der bisher erstellten Erhebungen und Untersuchungen können Aussagen zu konkreten Ursachen bzw. auslösenden Faktoren für Krebserkrankungen getätigt werden. Die mit der Abstandsstudie aufgeworfenen Fragen machen laut Niedersachsens Sozial- und Gesundheitsministerin Carola Reimann nun weitere Untersuchungen erforderlich: „Viele Menschen, die in der Nähe von Förderanlagen wohnen, sind besorgt und das kann ich gut verstehen. Wir werden nun mit einer Folgestudie der Suche nach möglichen Ursachen von erhöhtem Krebsrisiko weiter nachgehen. Wir wollen ausschließen, dass es auslösende Faktoren gibt, die bislang noch nicht beseitigt wurden.“

Bei den erwähnten Krebsarten verstreichen Jahrzehnte zwischen der Exposition und dem Ausbrechen der Krankheit. Mit einer aktuell laufenden weiteren Studie lässt das Sozial- und Gesundheitsministerium aktuell untersuchen, wie stark Menschen im Umfeld von Anlagen der Kohlenwasserstoffförderung heutzutage Belastungen ausgesetzt sind – im Vergleich mit einer außerhalb des niedersächsischen Erdöl- und Erdgasförder-Gürtels gelegenen Region. Mit ersten Ergebnissen der als „Humanbiomonitoring“ bezeichneten Studie wird 2019 gerechnet.

Stichwort „Abstandsstudie“
Die vom Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin des Klinikums der Universität München erarbeitete Studie basiert auf einem Fall-Kontroll-Ansatz: Hierbei werden die Daten von an hämatologischen Krebserkrankungen erkrankten Personen bzw. „Fällen“ mit denen nicht erkrankter Personen, den „Kontrollen“, verglichen. Es wird untersucht, ob die Verteilung der interessierenden möglichen Risiken bei beiden Gruppen ähnlich ist oder ob es Unterschiede gibt.

Als Untersuchungsregion wurde das Gebiet von 15 Landkreisen ausgewählt, die im Wesentlichen den sich über Niedersachsen erstreckenden Gürtel an Erdgas- und Erdölförderung abdecken. Es wurden knapp 4.000 in den Jahren 2013 bis 2016 erstmalig diagnostizierte Fälle hämatologischer Krebserkrankungen aus diesem Gebiet mit knapp 16.000 zufällig aus den Einwohnermelderegistern gewählten Kontrollen verglichen. Weitere Informationen zur Krebsclusteruntersuchung in der Samtgemeinde Bothel finden Sie unter: www.nlga.niedersachsen.de > Umweltmedizin > Umweltepidemiologie > Krebsclusteruntersuchungen > Krebsclusteruntersuchung in der Samtgemeinde Bothel

Schmuckgrafik (zum Artikel: Pressemitteilungen) Bildrechte: LGLN

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.12.2018

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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