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Sind Praxiskliniken ein sinnvoller Beitrag zur Auflösung der Sektorengrenzen?

Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Petra Joumaah, Volker Meyer, Gudrun Pieper und Annette Schwarz (CDU) geantwortet.


Die Abgeordneten Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Petra Joumaah, Volker Meyer, Gudrun Pieper und Annette Schwarz (CDU) hatten gefragt:

Praxiskliniken sind Einrichtungen des vertragsärztlichen Sektors, in denen Versicherte durch Zusammenarbeit mehrerer Vertragsärzte ambulant und stationär versorgt werden (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 SGB V). Die Deutsche Praxisklinikgesellschaft e. V. verweist darauf, dass Praxiskliniken die Sektorengrenzen aufzulösen vermögen und daher insbesondere in strukturschwachen Gebieten eine Alternative zu kleinen und unwirtschaftlichen Krankenhäusern seien. Allerdings verweist der Verband auch darauf, dass die Vorteile der Praxiskliniken bislang nur Privatversicherten zugute kämen, da sich der GKV-Spitzenverband Vergütungsregelungen für gesetzlich Versicherte verweigere.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie beurteilt die Landesregierung das Institut einer Praxisklinik als Beitrag zur Auflösung der Grenzen zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor in einem Flächenland wie Niedersachsen?
  2. Sind die Vorgaben des § 122 SGB V mittlerweile umgesetzt? Falls nein, welche Hindernisse gibt es aus Sicht der Landesregierung?
  3. Wäre die Umwandlung eines Krankenhauses in eine Praxisklinik mit Mitteln aus dem in der Bund-Länder-AG zur Krankenhausreform 2015 vereinbarten Strukturfonds zur Verbesserung der Versorgungsstruktur förderfähig?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Das Aufgabenspektrum der Praxiskliniken gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 SGB V umfasst die ambulante und stationäre Versorgung der Versicherten durch Vertragsärzte; sektorale Grenzen werden im Rahmen einer solchen Einrichtung aufgehoben. Die Behandlung in Praxiskliniken ist in Verträgen nach § 115 Abs.1 SGB V zu regeln. Die Landesverbände der Krankenkassen sowie die Ersatzkassen in Niedersachsen, die Niedersächsische Krankenhausgesellschaft und die Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen haben einen entsprechenden Vertrag bereits 1992 geschlossen.

Nach Auskunft der AOK Niedersachsen allerdings spielen Praxiskliniken nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 SGB V derzeit in der Versorgung der Versicherten in Niedersachsen keine Rolle.

Um die Stellung von Praxiskliniken in der Versorgungspraxis zu stärken, führte der Bundesgesetzgeber mit dem Krankenhausfinanzierungsreformgesetz 2009 eine Regelung zur Behandlung in Praxiskliniken (§ 122 SGB V) ein. In Satz 1 ist der Abschluss eines Rahmenvertrages zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen (SpiBu) und der für die Wahrung der Interessen der in Praxiskliniken tätigen Vertragsärzte gebildeten Spitzenorganisation vorgesehen, der einen Leistungskatalog sowie verschiedene Maßnahmen zur Qualitätssicherung beinhalten soll. Eine Frist zur Umsetzung sieht § 122 SGB V nicht vor. Durch eine Ergänzung in § 140b Abs. 1 SGB V wurde zudem klargestellt, dass Krankenkassen Verträge zur integrierten Versorgung auch mit Praxiskliniken abschließen können.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die Landesregierung hält das Institut der Praxiskliniken grundsätzlich für ein Versorgungsmodell, das geeignet ist, einen Beitrag zur Aufhebung der Grenze zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor zu leisten.

Ungeachtet dessen bestehen vergleichbare Instrumente, u.a. die vor- und nachstationäre Behandlung nach § 115a SGB V, das ambulante Operieren nach §115b SGB V, die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b SGB V oder die belegärztliche Versorgung nach § 121 SGB V.

Zu 2.:

Das Land ist an den Verhandlungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und den für die Wahrnehmung der Interessen der in Praxiskliniken tätigen Vertragsärzte gebildeten Spitzenorganisationen über einen Rahmenvertrag gemäß § 122 SGB V nicht beteiligt.

Nach Auskunft der Landesverbände der Krankenkassen in Niedersachsen wurde der Rahmenvertrag auf Bundesebene noch nicht umgesetzt. Gründe hierfür seien vor allem rechtliche Schwierigkeiten, die sich aus den nach wie vor bestehenden Regelungslücken ergäben. Insbesondere stellten sich Definitions-, Abgrenzungs-, Zulassungs- und Vergütungsfragen als problematisch dar. Die Arbeiten am Katalog der in Praxiskliniken ambulant oder stationär durchführbaren stationsersetzenden Behandlungen und an den Maßnahmen zur Qualitätssicherung ruhten insoweit.

Zu 3.:

Gemäß den Eckpunkten der Bund-Länder-AG zur Krankenhausreform vom 05.12.2014 hat der Strukturfonds die Aufgabe, den Abbau von Überkapazitäten, die Konzentration von Krankenhausstandorten, die Konzentration von stationären Versorgungsangeboten sowie die Umwandlung von Krankenhäusern in nicht akutstationäre lokale Versorgungseinrichtungen (z. B. Gesundheits- oder Pflegezentren) zu fördern. Damit soll eine Verbesserung der Versorgungsstruktur insgesamt erreicht werden. Nach dem oben genannten Eckpunktepapier wäre eine Förderung von Praxiskliniken grundsätzlich möglich. Hinzuweisen ist aber darauf, dass das Gesetzgebungsverfahren des Bundes insoweit noch nicht begonnen hat und folglich derzeit keine verbindlichen Aussagen zur Förderfähigkeit von Maßnahmen getätigt werden können.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.02.2015

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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