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Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Cornelia Rundt

Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 04.05.2016, Aktuelle Stunde

- Es gilt das gesprochene Wort -

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat nach eigenen Meldungen am 28.04.2016 dem Bundeskanzleramt einen Gesetzentwurf zur sogenannten Frühkoordinierung zugeleitet. Mit diesem sollen die Sozialhilfeansprüche für EU-Bürgerinnen und EU-Bürger in Deutschland gesetzlich klargestellt werden.

Die vergangenen Monate haben uns gezeigt, dass eine solche Klarstellung dringend erforderlich ist. Sie ist notwendig geworden aufgrund der Urteile des Bundessozialgerichts. Mit diesen weicht das Bundessozialgericht von der bisher geltenden, klaren Praxis ab.

Das Bundessozialgericht hat erwerbsfähigen EU-Bürgerinnen und - Bürgern, die vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen waren, Leistungen nach dem SGB XII zugesprochen. Aufgegeben wurde damit an dieser Stelle das klare Abgrenzungsmerkmal für die beiden Leistungssysteme: die Frage der Erwerbsfähigkeit.

Durch diese Entscheidungen wurden, unvermutet, erwerbsfähige Personen dem Rechtskreis des SGB XII, grundsätzlich gedacht für Nicht-Erwerbstätige, zugeordnet. Dieser Systemfehler soll mit dem Gesetzentwurf wieder behoben werden.

Die Niedersächsische Landesregierung steht der Zuwanderung und kulturellen Vielfalt in unserer Gesellschaft positiv gegenüber. Sie stellt eine Bereicherung für unsere Gesellschaft dar, was einerseits schon ein Blick auf die belebende Vielfalt in der Gesellschaft und andererseits unseren wachsenden Fachkräftebedarf zeigt.

Bei all dem darf auch nicht außer Acht gelassen werden, dass eine Folge der angesprochenen aktuellen Rechtsprechung vorhersehbar ist: Sie wird eine enorme Kostensteigerung bei den Kommunen zur Folge haben.

Wir haben uns deshalb gemeinsam mit den anderen Bundesländern in den vergangenen Monaten unter anderem dafür eingesetzt, hier zu einer Klarstellung zu gelangen – zuletzt mit Beschluss des Bundesrates vom 18.03.2016.

Natürlich haben wir alle die Hoffnung, dass auf Dauer derartige Regelungen nicht mehr erforderlich sein werden und wir es im gemeinsamen Bemühen erreicht haben, die derzeit hohen unterschiedlichen Wohlstands- und Lohnniveaus innerhalb der Europäischen Union anzugleichen.

Die Schaffung einheitlicher sozialer Standards in der EU ist und bleibt unser gemeinsames Ziel. Ein Ziel, das realistisch betrachtet, kurzfristig nicht zu erreichen sein wird.

Die Bundesregierung plant nach unserer jetzigen Kenntnis klarzustellen, welcher Personenkreis von den Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ausgeschlossen ist. Hiermit wird an der bisherigen Auslegung des Gesetzes festgehalten. Gleichzeitig werden die bisherigen Regelungen in der Sozialhilfe ergänzt und die Leistungsausschlüsse denen im SGB II angepasst. Neu geschaffen wird jedoch für diesen Personenkreis ein Leistungsanspruch nach fünf Jahren, einem sogenannten verfestigten Aufenthalt, nach SGB II und SGB XII.

Daneben sollen zukünftig hilfsbedürftige EU-Bürgerinnen und EU-Bürger, die von den Leistungen ausgeschlossen sind, Überbrückungsleistungen der Sozialhilfe für einen Zeitraum von maximal vier Wochen bis zu ihrer Rückreise und ein Darlehen für die Reisekosten erhalten.

Mit dem Gesetzentwurf sichert der Bund die Akzeptanz und Weitergeltung der Arbeitnehmerfreizügigkeit, die wesentlich ist für das Zusammenwachsen in der Europäischen Union.

Deutschland entwickelt sich zu einer durch Vielfalt geprägten Gesellschaft. Die damit einher gehenden Potenziale für die kulturelle, wirtschaftliche, demografische und gesellschaftliche Entwicklung unseres Landes als Chance zu verstehen, ist ein zentrales Anliegen der Niedersächsischen Landesregierung. Bereits in der Koalitionsvereinbarung wurde festgelegt, dass ein Klima der Willkommenskultur von besonderer Bedeutung ist.

Hier geht es aber um etwas anderes, nämlich um die Frage, ob man den Ort der Auszahlung der Sozialhilfe europaweit frei wählen kann. Die vorliegende Novelle soll hierzu eine klare und rechtssichere Grundlage schaffen. Und die Kommunen sollen nicht noch weiter belastet werden. Vor diesem Hintergrund begrüße ich die Ankündigung von Bundesministerin Nahles, hier eine gesetzliche Klarstellung herbeizuführen.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
04.05.2016

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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