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Mündliche Anfrage: Wie rüstet sich Niedersachsen gegen eine mögliche Ebola-Epidemie?

Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage


Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Christian Grascha, Jörg Bode, Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr, Hillgriet Eilers und Gabriela König (FDP) geantwortet.

Die Abgeordneten Christian Grascha, Jörg Bode, Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr, Hillgriet Eilers und Gabriela König (FDP) hatten gefragt:

Wie einer dpa-Meldung vom 13. Oktober 2014 zu entnehmen war, rüstet sich Niedersachsen für Ebola-Fälle in den Erstaufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge. Auf Anweisung des Innenministeriums soll eine Strategiegruppe Ebola-Vorsorgemaßnahmen in den drei Einrichtungen in Friedland, Bramsche und Braunschweig treffen.

Unter anderem sollen die Gesundheitsstationen nun rund um die Uhr geöffnet werden, und es wurden separate Räume für Untersuchungen eingerichtet. Außerdem wird das Personal geschult. Mögliche Infektionsfälle sollen dann an das Behandlungszentrum Nord in Hamburg überwiesen werden.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Welche weiteren Maßnahmen plant die Landesregierung zur Vorbereitung auf mögliche Ebola-Infektionen in den Aufnahmeeinrichtungen, sind beispielsweise Schulungen oder Flyer zur Information der Flüchtlinge und der dort Arbeitenden geplant?

2. Sind nur in den Flüchtlingseinrichtungen oder auch an anderen Orten mit einer erhöhten Erstauftrittswahrscheinlichkeit (wie z. B. Flughäfen oder Häfen) spezielle Maßnahmen zur Ebola-Prävention geplant und, wenn ja, warum nur dort?

3. Inwieweit sind - zum jetzigen Zeitpunkt - die Krankenhäuser in Niedersachsen auf die Aufnahme, Behandlung und notwendige Isolation von Patienten vorbereitet, die mit Ebola-Symptomen aufgenommen werden?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Der Ebolafieber-Ausbruch in Westafrika, der Ende Dezember 2013 in Guinea begonnen hat, hat sich seither auch nach Liberia, Sierra Leone, Nigeria (Lagos und Port Harcourt) und Senegal (eine aus Guinea eingereiste Person) verbreitet. Es handelt sich um den bisher größten Ebolafieber-Ausbruch, bei dem auch erstmals Fälle in größeren Städten und in Städten mit Flughafen aufgetreten sind. Zudem sind zum ersten Mal drei Länder betroffen, in denen Erkrankungen in vielen oder fast allen Provinzen auftreten. Für Anfang Dezember rechnet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) derzeit mit 5 000 bis 10 000 neuen Ebola-Fällen pro Woche.

Im Zusammenhang mit dem Ausbruch in Westafrika sind auch Erkrankte in Ländern außerhalb Afrikas festgestellt worden. Es handelt sich um einen Liberianer, der am 20. September 2014 in die USA, nach Dallas, gereist ist. Das hat das amerikanische Centers for Disease Control and Prevention (CDC) mitgeteilt. Der Erkrankte hat erst vier Tage nach seiner Einreise in Dallas Symptome entwickelt. Im Zusammenhang mit der Behandlung dieses Erkrankungsfalles sind nun zwei Pflegekräfte ebenfalls an Ebola erkrankt. Wie es zu diesen Ansteckungen kam, ist Gegenstand laufender Untersuchungen. Auch in Spanien ist unter dem Medizinpersonal eine Person an Ebolafieber erkrankt, die zuvor einen Ebolafieberpatienten gepflegt hat, der sich in Westafrika angesteckt hatte und nach Spanien zurückgebracht worden war.

Deutschland ist auf die Behandlung von Personen, die an Ebolafieber erkrankt sind, umfassend vorbereitet. Es gibt ein Netzwerk von Sonderisolierstationen, die sowohl von der medizinischen Expertise als auch von den technischen Voraussetzungen her für die Behandlung solcher Erkrankungen ausgelegt sind. Das dortige Personal ist für diese Situation speziell ausgebildet und trainiert regelmäßig die Versorgung von Patientinnen und Patienten unter Isolationsbedingungen. Bislang wurden drei Patienten in Hamburg, Frankfurt und Leipzig behandelt, die zuvor als Helfer in Westafrika im Einsatz waren. Der Patient in Hamburg konnte gesund entlassen werden, der Patient aus Leipzig ist leider seiner Krankheit erlegen.

Auf der Grundlage eines Länderabkommens steht Niedersachsen das Behandlungszentrum für lebensbedrohliche hochkontagiöse Infektionskrankheiten in der Bernhard-Nocht-Klinik für Tropenmedizin (BZHI) am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf für die Absonderung und weitere Behandlung kranker oder krankheitsverdächtiger Personen zur Verfügung. Im Fall einer Nutzung des BZHI gewährleistet die Feuerwehr Hamburg gegen Kostenerstattung die Infektionstransporte durch den Einsatz von Infektionsrettungswagen einschließlich des rettungsdienstlichen und medizinischen Personals. Mit dem Abkommen erfüllt das Land die sich aus § 30 Absatz 6 Infektionsschutzgesetz ergebende Verpflichtung, dafür Sorge zu tragen, dass die notwendigen Räume, Einrichtungen und Transportmittel zur sogenannten Absonderung von an Ebolafieber Erkrankten und Krankheitsverdächtigen zur Verfügung stehen.

In Niedersachsen sind die Landkreise und kreisfreien Städte für das seuchenhygienische Management vor Ort zuständig und sollen sofort über einen begründeten Verdachtsfall informiert werden. Die kommunalen Gesundheitsämter werden durch die 24-stündige Rufbereitschaft des Zentrums für Gesundheits- und Infektionsschutz (ZGI) am Niedersächsischen Landesgesundheitsamt unterstützt. Falls in Niedersachsen ein begründeter Verdachtsfall auftreten sollte, wird entsprechend dem Infektionsalarmplan des Landes vorgegangen. Dieser Plan gewährleistet im Akutfall ein rasches, koordiniertes und fachlich fundiertes Reagieren der Gesundheitsbehörden unter Beachtung der jeweiligen Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten. Er enthält fachliche Empfehlungen für das Management von Krankheitsfällen, insbesondere für das sog. Containment (Eindämmung). Containment bezeichnet die Maßnahmen mit dem Ziel, die Ausbreitung einer Infektion zu verhindern, u. a. durch Erkennen von Infektionen und primären Übertragungen sowie Maßnahmen, um Infektionsketten und Ausbrüche zu unterbinden, insbesondere durch konsequente Rückverfolgung, Absonderung und Behandlung von Kontaktpersonen.

Das Ebola-Virus wird von Mensch zu Mensch durch engen und direkten Körperkontakt mit infizierten Körperflüssigkeiten übertragen. Das höchste Infektionsrisiko besteht durch Blut, Stuhl und Erbrochenem. Die Ansteckungsgefahr, die von Erkrankten für andere Personen ausgeht, steigt mit der Schwere der Erkrankung.

Wenngleich in einem solchen Fall das Virus leicht übertragbar ist, daher als hochkontagiös bezeichnet wird und bei der Behandlung von Ebola-Erkrankten hochwirksame Schutzmaßnahmen eingehalten werden müssen, sind für die Krankheitskontrolle zwei Eigenschaften wesentlich:

1. Das Virus wird erst bei Auftreten von Krankheitssymptomen übertragen; diese treten im Mittel nach etwa acht bis zehn Tagen und maximal 21 Tagen nach Ansteckung auf und

2. das Virus wird nicht über die Luft übertragen. Bei einem Abstand von mehr als einem Meter von einer erkrankten Person ist eine Übertragung der Ebola-Viren sehr unwahrscheinlich.

Somit kann die Ausbreitung verhindert werden, wenn ein Erkrankungsfall frühzeitig erkannt und isoliert wird und wie oben beschrieben ein Containment durchgeführt wird. Im Gegensatz zu früheren Ebola-Ausbrüchen wurde dieses Management im aktuellen Ausbruch in Westafrika aus unterschiedlichen Gründen nicht durchgeführt. Der Umgang mit schwer Erkrankten und Toten ist entscheidend für die Ausbreitung.

Für Deutschland hat das Robert Koch-Institut für Ärztinnen und Ärzte eine Hilfestellung herausgegeben, die Kriterien vorgibt, wann es sich bei einer erkrankten Person um einen „begründeten Verdachtsfall“ handelt. Da die definitive Abklärung, ob es sich um einen „begründeten Verdachtsfall“ handelt, auch unter optimalen Bedingungen mehrere Stunden dauern kann, sind alle Institutionen der medizinischen Versorgung aufgerufen, entsprechende Vorbereitungen zu treffen, um betroffene Personen in der Abklärungsphase vorübergehend angemessen versorgen zu können. Entscheidend für die Einteilung ist bei einem Vorliegen von Symptomen wie z.B. Fieber die Vorgeschichte, also ob es in den letzten 21 Tagen überhaupt ungeschützten Kontakt zu an Ebola Erkrankten oder Verstorbenen gegeben hat.

Das Robert Koch-Institut und das Landesgesundheitsamt stellen sowohl für die Bevölkerung als auch für das medizinische Personal regelmäßig aktualisierte Informationen zur Verfügung. Unter anderem wird auch im Niedersächsischen Ärzteblatt und im Mitteilungsblatt der Kassenärztlichen Vereinigung über das aktuelle Geschehen informiert.

Wenngleich Einzelfälle aus betroffenen Gebieten und auch vereinzelte Ansteckungen nicht ausgeschlossen werden können, ist mit einer massiven Ausbreitung der Krankheit in der Bevölkerung in Deutschland nicht zu rechnen. So sind im oben genannten Ausbruchsgeschehen in Nigeria seit Mitte September 2014 nach konsequentem Fallmanagement keine Fälle mehr beobachtet worden, so dass die WHO am 20.Oktober 2014 den Ausbruch in Nigeria für beendet erklären konnte. Entscheidend ist das infektionshygienische Management beim Umgang mit Erkrankten und Verstorbenen. Nach Ansicht der WHO ist dies der Schlüssel zum Erfolg auch für Westafrika.

Das Risiko, dass Reisende die Krankheit nach Deutschland oder Europa mitbringen, ist gering. Es ist bisher nicht beobachtet worden, dass Ebolafieber-Erkrankungen durch Flüchtlinge nach Europa gertragen worden sind, obwohl der derzeitige Ausbruch in Westafrika schon seit Anfang 2014 fortschreitet.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die bereits gegründete „Strategiegruppe Ebola“ hat Vorsorgemaßnahmen in den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes getroffen. Um Beschäftigte und Flüchtlinge in den Erstaufnahmeeinrichtungen zu schützen, wird ressortübergreifend zusammengearbeitet. Der bereits von den Infektionsschutzexperten des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und des Nds. Landesgesundheitsamtes (NLGA) entwickelte Maßnahmenkatalog hat zum Ziel, Erkrankte frühzeitig zu entdecken und zu separieren. Hierzu wurden unter anderem in den drei Erstaufnahmeeinrichtungen Räume zur Separierung von potentiellen Verdachtsfällen eingerichtet. Informationsveranstaltungen für die Beschäftigten der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen finden vom 21. bis 23. Oktober 2014 an allen drei Standorten der Landesaufnahmebehörde Niedersachsen in Friedland, Bramsche und Braunschweig statt. Für das Management ist entscheidend, das richtige Maß zu finden, das neben dem Sicherheitsbedürfnis auch der tatsächlichen Risikoeinschätzung und der praktischen Umsetzbarkeit von Maßnahmen angemessen Rechnung trägt.

Zu 2.:

Beim Flughafen Hannover Langenhagen wird aktuell von keiner erhöhten Erstauftrittswahrscheinlichkeit ausgegangen, weil keine Direktverbindungen mit den betroffenen westafrikanischen Ländern bestehen. Gesundheitliche Kontrollen finden daher nicht statt.

Entsprechend den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation sind die betroffenen afrikanischen Staaten dazu aufgefordert, sogenannte "Exit-Screenings" an den internationalen Flughäfen durchzuführen. Auf diese Weise soll das Risiko der internationalen Verbreitung der Krankheit minimiert werden. Basierend auf aktuellen Einschätzungen der Prävalenz von Ebola in den betroffenen Ländern (2 pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner) und des dort bereits etablierten Exit-Screenings geht das European Centre für Disease Prevention and Control (ECDC) davon aus, dass umfassende „Entry-Screenings“ nicht zielführend sind. Flugzeugführerinnen und Flugzeugführer sind ferner dazu verpflichtet, unverzüglich zu melden, wenn sie oder er erfährt, dass eine Person an Bord ist, bei der klinische Anzeichen auf das Vorliegen von Ebola hindeuten.

Sofern Schiffe aus den betroffenen westafrikanischen Ländern niedersächsische Häfen anlaufen, werden zur ohnehin aufgrund der Internationalen Gesundheitsvorschriften abzugebenden Seegesundheitserklärung Zusatzfragen zum Gesundheitszustand der an Bord befindlichen Personen gestellt, um feststellen zu können, ob ein erhöhtes Gesundheitsrisiko besteht. Die Ankunftszeit eines Schiffs ist frühzeitig bekannt. So lassen sich Schiffsbegehungen und Maßnahmen zur Abwehr von möglichen Gesundheitsgefahren, die bei jedem Infektionsgeschehen an Bord eines Schiffes vorgesehen sind, grundsätzlich adäquat vorbereiten. Dagegen sind spezielle Maßnahmen zur Ebola-Prävention, die über die bestehende Infektionsalarmplanung hinausgehen, nicht geplant, weil sie alle Infektionskrankheiten einschließlich Ebola berücksichtigen.

Zu 3.:

Im Hinblick auf das sehr geringe Risiko eines Ebola-Falls in Deutschland ist bei einem klinischen (Erst-)Verdacht auf Ebolafieber zunächst kritisch zu prüfen, ob bei der Patientin oder bei dem Patienten eine entsprechende Reiseanamnese vorliegt und ob ein Risikokontakt stattgefunden hat. Bis zur Entscheidung, ob ein begründeter Verdacht vorliegt, sollte die Patientin oder der Patient im derzeitigen Umfeld (zu Hause, sofern es der Zustand des Patienten zulässt, Arztpraxis, Aufnahmebereich Krankenhaus) verbleiben. Es sollte ein Abstand von mindestens einem Meter zur Patientin oder zum Patienten eingehalten werden. Falls dies nicht möglich ist oder eine körperliche Untersuchung erforderlich sein sollte, sind Handschuhe, Mund-Nasen-Schutz als Berührungsschutz (sog. FFP2/FFP3-Maske, sofern mit dem Verspritzen von Blut, Sekreten oder Exkreten zu rechnen ist), Schutzbrille sowie Einmal-Schutzkittel zu tragen.

Die Krankenhäuser in Niedersachsen sind darauf vorbereitet sind, Patientinnen und Patientin mit klinischem Erstverdacht auf Ebolafieber unter diesen Bedingungen aufnehmen und versorgen zu können. Insoweit stellen solche Fälle zunächst keine Besonderheit dar. Das Leistungsspektrum von Akutkrankenhäusern umfasst regelhaft die Behandlung von Infektionskrankheiten, die entsprechende Schutzmaßnahmen erforderlich machen. Besondere Schutzmaßnahmen, wie sie auf den Isolierstationen der Kompetenz- und Behandlungszentren durchgeführt werden, sind in dieser Situation nicht erforderlich.

Ergibt sich im Zuge von weiteren Ermittlungen ein begründeter Krankheitsverdacht oder wird die Erkrankung an Ebolafieber durch weitergehende Untersuchungen bestätigt, so sind umgehend die zuständigen Gesundheitsbehörden sowie das zuständige Kompetenz- und Behandlungszentrum zu informieren, um weitere Schritte zu Schutzmaßnahmen sowie zur Labordiagnostik einzuleiten.

Können kranke Personen oder begründete Verdachtsfälle nicht in die Isolierstationen eines Kompetenz- und Behandlungszentrums aufgenommen werden oder erfordert das Krankheitsbild eine sofortige Behandlung, wird die Einweisung in ein Krankenhaus der Regelversorgung unter den Bedingungen eines sog. "barrier nursings" (vorläufiger Isolierbereich) im Einzelzimmer ("Kontakt- und Tröpfchen- Isolierung", inkl. Schutzkleidung, Handschuhe, Atemschutz [sog. FFP2-/FFP3-Maske], Schutzbrille, Einmal-Schutzkittel wenn möglich flüssigkeitsdicht und Fußschutz) erforderlich. Die Landesregierung prüft derzeit, welche Krankenhäuser in Niedersachsen in der Lage sind, diese besondere Isolierpflege und -behandlung durchzuführen.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
24.10.2014

Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger

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