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Mündliche Anfrage: Welche niedrigschwelligen Beratungs- und Testangebote gibt es zur Erfassung von HIV-Neuerkrankungen bei Männern?

Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage


Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP) geantwortet.

Die Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling und Christian Dürr (FDP) hatten gefragt:

Das Robert Koch-Institut (RKI) hat für das Jahr 2012 insgesamt 2 957 neu diagnostizierte HIV-Infektionen gemeldet. Die Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), stellt mit 57 % (1 690 Meldungen) die größte Gruppe dar. Das RKI berichtet, dass Anzahl und Anteil der MSM an den HIV-Erstdiagnosen seit dem Jahr 2001 kontinuierlich gestiegen sind. Die stärksten Zuwächse lassen sich im Alter von 20 bis 39 Jahre erkennen.

30 bis 50 % aller HIV-Positiven werden bei Diagnoseerstellung der Gruppe „late presenter“ zugeordnet. Durch die späte Diagnoseerstellung in dieser Gruppe können nicht mehr alle Therapieoptionen ausgeschöpft werden. Darüber hinaus geben Menschen mit einer ihnen unbekannten HIV-Infektion 3,5-mal häufiger die Infektion an andere weiter.

Um die Zahl der HIV-Neuinfektionen in Deutschland nachhaltig zu verringern, ist das Angebot von ausreichend niedrigschwelligen und nach Möglichkeit kostenlosen Testmöglichkeiten wichtig, um eine HIV-Ansteckung möglichst früh diagnostizieren zu können. Gleichzeitig kann nicht auf den Schutz durch Kondome verzichtet werden.

Eine europäische Internetbefragung schwuler und bisexueller Männer aus dem Jahr 2006 zeigt, dass nur ein Drittel der positiv auf HIV Getesteten eine zufriedenstellende Beratung erhalten hat. Der HIV-Test sowie die qualifizierte Beratung sind wichtige Bausteine in der HIV-Prävention. Niedrigschwellige Beratungs- und Testangebote können hier Abhilfe schaffen.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Welche gesundheitlichen Präventionsmaßnahmen fördert das Land mit welchen finanziellen Mitteln im Bereich der Männer- und Frauengesundheit, aufgeteilt für den Bereich Männer- und Frauengesundheit?
  2. Welche niedrigschwelligen Beratungs- und Testeinrichtungen werden bisher durch das Land im Bereich der Männergesundheit gefördert?
  3. Plant die Landesregierung, neue Beratungs- und Testangebote zu unterstützen, und, wenn ja, welche?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Wie in der Anfrage zutreffend ausgeführt, ist die Anzahl und der Anteil der Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), sowohl an den HIV-Erstdiagnosen als auch Neuinfektionen seit dem Jahr 2001 kontinuierlich gestiegen.

Die Niedersächsische Landesregierung hat bereits ab dem Jahr 2000 die Niedersächsische AIDS-Hilfe Landesverband e.V. (NAH) finanziell und fachlich darin unterstützt, ein landesweites, innovatives und passgenaues Präventionsprojekt zur Senkung von HIV-Neuinfektionen unter schwulen Männern und MSM zu entwickeln. Bis 2012 wurde dieses Konzept kontinuierlich und in enger Zusammenarbeit mit dem Sozialministerium und dem Niedersächsischen Landesgesundheitsamt (NLGA) vorangetrieben und firmierte unter dem Begriff „hin und wech“.

Um dem kontinuierlichen Anstieg auch anderer sexuell übertragbarer Infektionen (STI), insbesondere Syphilis, zu begegnen, hat die NAH einen Fachbereich für die Prävention im schwulen Bereich neu aufgebaut sowie die neuen Medien (Chatrooms, Internetkontaktportale) genutzt und sich insgesamt fachlich sowie strukturell neu ausgerichtet.

Im März 2013 startete das neue landesweite Präventionsnetzwerk der NAH „SVeN – Schwule Vielfalt erregt Niedersachsen“. Diesem breit aufgestellten Netzwerk gehören sowohl Gesundheitsämter (ÖGD), die regionalen AIDS-Hilfen, schwule Selbsthilfegruppen sowie sechs Koordinierungsstellen an. Letztere stärken insbesondere die ländlichen Strukturen. Dieses Netzwerk hat es in kurzer Zeit geschafft, die MSM im Flächenland Niedersachsen gut zu erreichen. Die Präventionsmaßnahmen zu HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen wurden damit weiter verbessert und an die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Zielgruppen angepasst.

Aufgabe wird es auch in Zukunft sein, diese Präventionsmaßnahmen weiter zu optimieren und kontinuierlich anzupassen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Im Einzelplan 05 Kapitel 05 40, Titel 685 85 belaufen sich die veranschlagten Haushaltsmittel zur HIV-Prävention und Unterstützung der Menschen mit HIV und AIDS für das Jahr 2014 auf insgesamt 1.613.000 Euro. Die Mittel für 2014 wurden gegenüber den Vorjahren um 150.000 Euro erhöht, was einer Steigerung von annähernd 10% entspricht.
Eine Aufteilung der Mittel entlang der Merkmale Frauen- und Männergesundheit ist weder möglich noch zielführend. Wesentliches Ziel der Förderung ist vielmehr, Neuinfektionen, insbesondere bei den Hauptbetroffenengruppen, zu verhindern, wie sie sich aus den Meldungen über bestätigte HIV-Antikörpertests des Robert-Koch-Instituts (RKI) ergeben. Dies Hauptbetroffenengruppen sind danach MSM, Drogengebrauchende, Sexarbeiterinnen bzw. Sexarbeiter und Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Die AIDS-Hilfen haben sich hier verpflichtet sowohl mit geschlechtergerechten und kultursensiblen als auch mit affirmativen Ansätzen zu arbeiten, die den jeweiligen sexuellen Lebensweisen entsprechen. Denn im Mittelpunkt einer geglückten Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten steht das jeweilige Sexualverhalten.

Zu 2.:

Das Niedersächsische Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung fördert sowohl die Stelle des SVeN-Koordinators als auch sechs regionale Koordinierungsstellen mit einem Gesamtvolumen von 73.000 Euro. Präventionsprojekte für MSM sowie Projekte zu STI und Testangeboten erhalten insgesamt knapp 20.000 Euro.
Inzwischen bieten drei regionale AIDS-Hilfen HIV-Schnelltests an (Oldenburg, Osnabrück, Wilhelmshaven). Fünf weitere AIDS-Hilfen planen die Einführung. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass sich alle AIDS-Hilfen bei ihrer Beratung und insbesondere Testberatung zu hohen Qualitätsstandards verpflichtet haben.

Nach § 19 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes hat das Gesundheitsamt bezüglich sexuell übertragbarer Krankheiten Beratung und Untersuchung anzubieten oder stellt diese in Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Einrichtungen sicher.

Die Landesregierung unterstützt die Landkreise und kreisfreien Städte bei der Erfüllung dieser Aufgabe dadurch, dass das NLGA Blutproben, die von den Gesundheitsämtern im Rahmen ihrer Beratungs- und Testangebote entnommen werden, kostenfrei auf HIV untersucht. Zusätzlich werden Sonderaktionen mit kostenfreien Untersuchungen unterstützt, etwa anlässlich des Welt-Aids-Tages oder Aktionen der AIDS-Hilfen in Zusammenarbeit mit interessierten Gesundheitsämtern.

Zu 3.:

Vom 1. bis zum 31. Oktober 2014 finden zum ersten Mal flächendeckende STI- Testwochen in Niedersachsen statt. Als Kooperationspartner konnten auch Präventionsprojekte in Bremen und Hamburg sowie das Bremer Gesundheitsamt gewonnen werden. Die Kooperation zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Stellen aus drei Bundesländern bei einer HIV-Testkampagne ist bundesweit einmalig.
Obwohl aufgrund der epidemiologischen Entwicklung der Schwerpunkt der Testwochen auf Syphilis liegt, werden HIV-Tests ebenfalls flächendeckend angeboten. Die Finanzierung der Tests durch das NLGA ist sichergestellt. Die Schirmherrschaft hat die Ministerin für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung übernommen. Insgesamt werden sich 21 niedersächsische Gesundheitsämter, acht AIDS-Hilfen sowie zwei sog. Infolines an den Testwochen beteiligen (Stand: 17.07.2014).

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
25.07.2014

Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger

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