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Mündliche Anfrage: Tarifvertrag Soziales - Wie setzt sich die Landesregierung für dieses Ziel ein?

Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage


Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Annette Schwarz, Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Volker Meyer, Petra Joumaah und Gudrun Pieper (CDU) geantwortet.

Die Abgeordneten Annette Schwarz, Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Volker Meyer, Petra Joumaah und Gudrun Pieper (CDU) hatten gefragt:

Die Hannoversche Allgemeine Zeitung (HAZ) berichtet in ihrer Ausgabe vom 1. Dezember 2014, dass die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di die Wohlfahrtsverbände in Niedersachsen aufgefordert hat, Verhandlungen über einen einheitlichen Tarifvertrag in der Altenpflege zuzulassen: „Es sei erstaunlich, dass die Verbände zwar ständig von der Politik bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege fordern, aber noch nicht einmal zu Gesprächen über die Gehälter ihrer Mitarbeiter bereit seien.“

Frau Sozialministerin Rundt habe dagegen bekräftigt, dass sie einen Tarifvertrag Soziales begrüßen würde, so die HAZ.

Bislang hat sich lediglich die Diakonie mit ver.di auf einen Tarifabschluss für die 37 000 Beschäftigten in der Altenpflege geeinigt und zahlt damit nun die höchsten Löhne in der Branche. Der Paritätische Wohlfahrtsverband Niedersachsen e. V. habe dagegen abgewunken - „zunächst müsse gesetzlich garantiert werden, dass die Pflegekassen die tariflich bedingten Lohnmehrkosten den Einrichtungen ‚eins zu eins‘ mit den Pflegesätzen erstatten.“

Die Anerkennung der tariflichen Entlohnung in der Altenpflege ist ein wichtiges Ziel in der Fachkommission Pflege der Landesregierung.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand in der Fachkommission Pflege zum Thema „Tarifliche Entlohnung in der Altenpflege“?
  2. Wie verhält sich die Landesregierung zu der Forderung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Niedersachsen e. V., dass zunächst gesetzlich garantiert werden müsse, dass die Pflegekassen die tariflich bedingten Lohnmehrkosten den Einrichtungen „eins zu eins“ mit den Pflegesätzen erstatten?
  3. Wie beurteilt die Landesregierung die mittel- bis langfristige Konkurrenzfähigkeit von Pflegeanbietern mit Tarifvertrag, solange es keinen allgemeinverbindlichen Tarifvertrag Soziales gibt?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Die Niedersächsische Landesregierung begrüßt den Abschluss eines Tarifvertrags für die Beschäftigten der Diakonie in Niedersachsen. Mit diesem Tarifvertrag ist ein landesweit – wenn nicht sogar bundesweit – ausstrahlendes Signal für die Verbesserung der Rahmenbedingungen in sozialen Betrieben insgesamt gelungen.

Ziel ist die Schaffung von klaren, für alle Beschäftigten geltenden tariflichen Regelungen in der Pflege. Nach alledem hat die niedersächsische Landesregierung die Hoffnung, dass die Sozialpartner die weiteren Schritte auf dem Weg zu einem allgemein verbindlichen Tarifvertrag Soziales gehen werden.

Dies vorausgeschickt beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Die Fachkommission Pflege hat sich auf verschiedene Handlungsfelder verständigt und diese priorisiert. Die zeitliche Abfolge der Bearbeitung in der Fachkommission orientiert sich an dieser Priorisierung.

Derzeit werden die Handlungsschwerpunkte “Ambulante Pflege – insbesondere im ländlichen Raum“, Aus- und Weiterbildung“ und „Abbau von Dokumentationspflichten“ bearbeitet. Die Ergebnisse der Bearbeitung der weiteren Handlungsschwerpunkte, zu denen auch „Tariflöhne/-gehälter“, „Stationäre Pflegesätze“ als auch die „Vergütung der ambulanten Pflege“ zählen, bleiben abzuwarten.

Zu 2.:

Der Berücksichtigung tariflicher Löhne im Pflegesatzverfahren ist bereits geregelt.

Gemäß § 84 Abs. 2 S. 4 Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch (SGB XI) müssen es die Pflegesätze dem Pflegeheim bei wirtschaftlicher Betriebsführung ermöglichen, seinen Versorgungsauftrag zu erfüllen. Hieraus folgt, dass keine Entgelte (bzw. Einzelpositionen) vereinbart oder festgesetzt werden dürfen, die es dem Pflegeheim von vornherein nicht ermöglichen, trotz wirtschaftlicher Betriebsführung kostendeckend zu arbeiten. Diese rechtliche Einschätzung wird untermauert durch § 72 Abs. 3 Nr. 2 SGB XI, wonach mit Pflegeeinrichtungen nur ein Versorgungsvertrag abgeschlossen werden darf, wenn diese eine ortsübliche Arbeitsvergütung an ihre Beschäftigten zahlen. Tariflöhne stellen ortsübliche Arbeitsvergütungen dar. Wenn der Tariflohn eine ortsübliche Arbeitsvergütung ist, so muss dieser auch im Rahmen des Pflegesatzverfahrens berücksichtigt werden. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 29.1.2009 ist die Einhaltung der Tarifbindung und die Zahlung ortsüblicher Gehälter immer als wirtschaftlich angemessen zu werten.

Folgerichtig wird der § 84 SGB XI – mit Wirkung zum 1.1.2015 - insoweit geändert, als die Bezahlung tarifvertraglich vereinbarter Vergütungen nicht mehr als unwirtschaftlich abgelehnt werden kann (§ 84 Abs. 2 SGB XI n.F.). Im Übrigen ist gemäß des § 84 Abs. 7 SGB XI n.F. der Träger der Einrichtung nunmehr verpflichtet, im Falle einer Vereinbarung der Pflegesätze auf Grundlage der Bezahlung der Beschäftigten nach tarifvertraglich vereinbarten Vergütungen die entsprechende Bezahlung der Beschäftigten jederzeit einzuhalten.

Zu 3.:

Die Landesregierung tritt für eine auskömmliche Finanzierung der Pflege und für eine angemessene tarifliche Bezahlung der Beschäftigten ein.

Zur Berücksichtigung tariflicher Löhne in der Pflege im Rahmen der Pflegesätze wird auf die Ausführungen zu 2. verwiesen.

Eine Allgemeinverbindlichkeitserklärung des Tarifvertrags Soziales verhindert eine ungute Konkurrenz der Einrichtungen über Lohndumping einzelner Anbieter.

Davon unbenommen ist nicht nur der Preis, sondern auch die Qualität von Pflege ein entscheidender Faktor für die Nachfrage nach Pflegeleistungen. Der § 2 SGB XI normiert das Selbstbestimmungsrecht der Pflegebedürftigen, die zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger wählen dürfen. Ihren Wünschen zur Gestaltung der Hilfe soll, soweit sie angemessen sind, im Rahmen des Leistungsrechts entsprochen werden, d. h., der Pflegebedürftige soll selbst bestimmen können, wo und von wem er gepflegt wird.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.12.2014

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