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Mündliche Anfrage: Mehrgenerationenhäuser in Niedersachsen

Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage


Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr und Gabriela König (FDP) geantwortet.

Die Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr und Gabriela König (FDP) hatten gefragt:

In 2015 geht die bisherige Förderung des Bundes zur Finanzierung von Mehrgenerationenhäusern mit Mitteln aus dem Europäischen Strukturfonds in eine nationale Förderung über. Hierbei werden weiterhin Mehrgenerationenhäuser mit bis zu 40 000 Euro jährlich gefördert.

Der Bund übernimmt 30 000 Euro, sofern eine Ko-Finanzierung durch das Land oder die Kommune über den Rest erfolgt. Gefördert werden über das Folgeprogramm des Bundesfamilienministeriums nur diejenigen Mehrgenerationenhäuser und deren Träger, die bislang bereits Förderungen aus dem Programm erhalten haben.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie hat sich die Anzahl der Mehrgenerationenhäuser seit Inkrafttreten des Aktionsprogramms des Bundes am 1. Juni 2008 bis heute in Niedersachsen entwickelt (bitte getrennt auflisten nach am Aktionsprogramm teilnehmenden und nicht teilnehmenden Mehrgenerationenhäusern)?

2. Wie findet die Ko-Finanzierung der einzelnen Häuser in Niedersachsen statt?

3. Welche Bedeutung wird den Mehrgenerationenhäusern im Vergleich mit anderen Maßnahmen wie beispielsweise der Weiterentwicklung von Quartierslösungen und alternativen Wohngemeinschaften beigemessen?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Im Jahr 2003 wurde in Niedersachsen die Förderung der Mehrgenerationenhäuser begonnen. Das Programm wurde vom Bund aufgegriffen. 2006 wurde das Aktionsprogramm „Mehrgenerationenhäuser – Starke Leistung für jedes Alter“ (AP I) aufgelegt. Zahlreiche in Landesförderung befindliche Mehrgenerationenhäuser wurden damals in die Bundesförderung übernommen, zahlreiche neue Einrichtungen wurden erstmals gefördert.

Das Aktionsprogramm „Mehrgenerationenhäuser – Starke Leistung für jedes Alter“ war als Anschubfinanzierung für maximal fünf Jahre mit einer Höhe von 40.000 € pro Jahr konzipiert. In dieser Zeit sollten die Einrichtungen versuchen, sich und ihr Angebot regional zu verankern, weitere Mittel zu akquirieren und die Einnahmen dauerhaft zu stabilisieren, um nach Auslaufen der Förderperiode unabhängig von einer Landes- oder Bundesförderung weiter arbeiten zu können. Für die ersten Mehrgenerationenhäuser, die 2006 in das Aktionsprogramm aufgenommen wurden, lief die Bundesförderung bereits im Jahre 2011 aus. Für die Mehrzahl der Einrichtungen endete die Förderung im Jahre 2012. Da sich zum Ende des Aktionsprogramms abzeichnete, dass es vielen Trägern der Mehrgenerationenhäuser nicht gelingen wird, tragfähige Finanzierungskonzepte ohne Anschlussförderung zu schaffen, wurde auf der 87. ASMK 2010 die Bundesregierung einstimmig aufgefordert, zumindest für diejenigen Träger die Anschubförderung zu verlängern, denen es nicht gelungen ist, ein tragfähiges Finanzierungskonzept für ihr Mehrgenerationenhaus zu erstellen.

Nach Auslaufen des ersten Aktionsprogramms hat die Bundesregierung das Folgeprogramm „Aktionsprogramm Mehrgenerationenhäuser II“ (AP II) für den Zeitraum vom 01.01.2012 bis 31.12.2014 aufgelegt. Eine der Voraussetzungen für die Bundesförderung war das Vorliegen einer rechtsverbindlichen Zusage der Kommune oder des Landes über eine jährliche Kofinanzierung in Höhe von 10.000 Euro. Für das Jahr 2015 fördert der Bund die Mehrgenerationenhäuser wie in den Vorjahren weiter.

Dieses vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.

Die Anzahl der Mehrgenerationenhäuser hat sich seit 01. Juni 2008 wie folgt

entwickelt:

Von 2008 bis 2011 wurden 51 niedersächsische Mehrgenerationenhäuser vom Bund im Rahmen des AP I gefördert. Vom Land erhielten fünf Mehrgenerationenhäuser, die nicht in das AP I aufgenommen wurden, in den Jahren 2008 und 2009 eine Förderung. Für ein Mehrgenerationenhaus endete am 31.12.2009 die Förderung, so dass ab 2010 nur noch vier Einrichtungen vom Land unterstützt wurden.

Im Jahr 2012 wurden die meisten niedersächsischen Mehrgenerationenhäuser, die bisher im Rahmen des AP I gefördert wurden, in das AP II übernommen. Lediglich drei Einrichtungen wurden nicht in das AP II aufgenommen, erhielten aber weiterhin, da der Förderzeitraum bei ihnen noch nicht abgelaufen war, bis zum 31.12.2012 die Förderung aus dem AP I. Außerdem wurden vier Mehrgenerationenhäuser neu in die Bundesförderung aufgenommen. Insgesamt erhielten im Jahr 2012 vom Bund 50 niedersächsische Mehrgenerationenhäuser die Bundeszuwendung im Rahmen des AP II, drei Einrichtungen im Rahmen des AP I.

Das Land hat 2012 diese 50 Einrichtungen im Rahmen der Kofinanzierung unterstützt. Den gleichen Betrag erhielten drei Mehrgenerationenhäuser, die nicht in das AP II aufgenommen wurden.

2013 und 2014 wurden im Rahmen des AP II vom Bund 49 Mehrgenerationenhäuser gefördert. Das Land hat in diesem Zeitraum zusätzlich zu den 49 kofinanzierten Einrichtungen weitere neun Häuser unterstützt.

Zu 2.

Seit Beginn des AP II am 01.01.2012 teilen sich Land und Kommunen die vom Bund geforderte Kofinanzierung in Höhe von 10.000 Euro jährlich, d. h. das Land gewährt den in Bundesförderung befindlichen Mehrgenerationenhäusern eine Zuwendung in Höhe von 5.000 Euro pro Haus und pro Jahr. Die kommunale Kofinanzierung in Höhe von 5.000 Euro kann sowohl in monetärer Form als auch als Sachleistung erbracht werden.

Zu 3.

Mehrgenerationenhäuser sind Orte der Begegnung für Menschen aller Generationen. Sie geben Raum für gemeinsame Aktivitäten, bieten Angebote zur Kinderbetreuung und zur Betreuung älterer Menschen. Sie haben den Anspruch, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu stärken, die Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern und haushaltsnahe Dienstleistungen zu entwickeln und umzusetzen.

Dem Konzept nach sind Mehrgenerationenhäuser zentrale Anlaufstellen, an denen Menschen in ihrer Nachbarschaft das finden, was sie im Alltag brauchen. Sie wollen Familien, Alleinerziehende und pflegende Angehörige entlasten. Parallele Angebote für Kinder und Eltern sollen Familien, insbesondere aber auch Alleinerziehenden, bei der Bewältigung der täglichen Herausforderungen helfen. Vor allem mit flexiblen Formen der Kinderbetreuung verstehen sich Mehrgenerationenhäuser als Stützen im Alltag von Familien. Rand- und Notzeitenbetreuung sind für Mehrgenerationenhäuser charakteristisch.

Mehrgenerationenhäuser beziehen freiwillig Engagierte aller Generationen in ihre Arbeit ein. Diese stellen zwei Drittel der Aktiven und arbeiten gleichgestellt mit den Festangestellten.

Mehrgenerationenhäuser kooperieren mit der lokalen Wirtschaft. Die meisten Mehrgenerationenhäuser sind aus einer bestehenden Struktur entstanden. Dies waren Mütterzentren, Freizeitheime, Kultureinrichtungen, Familienzentren oder Sozialzentren.

Die Mehrgenerationenhäuser leisten mit ihren generationenübergreifenden Angeboten gesellschaftspolitische Arbeit und können damit helfen, den Auswirkungen des demografischen Wandels vor Ort entgegenzuwirken. Mit Wohneinrichtungen wie Quartierslösungen oder alternativen Wohngemeinschaften können Tagesbegegnungsstätten wie Mehrgenerationenhäuser, Mütterzentren oder Familienzentren jedoch nicht gleichgesetzt werden.

Mehrgenerationenhäuser werden seit Jahren vom Bund, Land und den Kommunen unterstützt. Primäres Ziel der Mehrgenerationenhäuser ist es aber, die Begegnung von Menschen aller Generationen zu unterstützen und möglichst passgenaue Angebote für die jeweilige Situation bereit zu halten. Dabei leisten sie sicherlich auch einen Beitrag, älteren Menschen zu ermöglichen, trotz altersbedingter Beeinträchtigungen länger in ihrem örtlichen Umfeld zu bleiben. Dieses entspricht aber bei Weitem nicht der Zielrichtung, die mit Quartierslösungen oder alternativen Wohngemeinschaften verbunden ist.

Die Landesregierung sieht es als ihre Aufgabe an, Problemlösungen für alters- und pflegegerechtes Wohnen zu finden. § 3 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) formuliert den allgemeinen Grundsatz des Vorrangs der häuslichen Pflege. Zugleich wird im Zuge des demografischen Wandels mit einer stetig zunehmenden Zahl von Pflegebedürftigen gerechnet. In der Konsequenz wird die Nachfrage nach Konzepten und Maßnahmen zur Vermeidung einer stationären Versorgung der Betroffenen erheblich steigen. Vor diesem Hintergrund ist es grundlegendes Interesse des Landes, für das Leben im Alter Rahmenbedingungen zu schaffen, die es älteren Menschen - gerade und besonders auch beim Eintritt von Pflegebedürftigkeit - ermöglichen, so lange wie möglich in ihrer häuslichen Umgebung zu verbleiben.

Daher beabsichtigt die Landesregierung, noch im ersten Quartal 2015 Ausführungsbestimmungen für die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des Förderprogramms „Wohnen und Pflege im Alter“ in Kraft zu setzen. Gefördert werden sollen die Schaffung alters- und pflegegerechter Wohnumfeldbedingungen sowie Handlungsstrategien zum Aufbau von Netzen vor Ort im Quartier, die der Herstellung von Wahlfreiheit beim Wohnen und der Pflege im Alter als Alternative zu einer vollstationären Betreuung und Pflege dienen. Ziel der Förderung ist die Umsetzung modellhafter „best practice“ - Projekte, die - insbesondere auch im ländlichen Raum - ein weitgehend selbständiges Leben älterer Menschen in einem häuslichen Wohnumfeld auch bei Hochaltrigkeit oder Pflegebedürftigkeit ermöglichen. Förderfähig wären dabei auch Sach- und Personalkosten für den Aufbau und das Management von quartiersbezogenen Unterstützungsnetzen (Quartiersmanagement).

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.01.2015

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