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„Medizinische Versorgung von Flüchtlingen in Niedersachsen sicherstellen“

Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Cornelia Rundt


- Es gilt das gesprochene Wort -

„Die Landesregierung setzt sich für Humanität in der Flüchtlings- und Asylpolitik ein. Flüchtlingen, die vor Krieg und Verfolgung zu uns fliehen, bieten wir in ihrer Not - belastet durch Vertreibung, Gewalterfahrung, Folter, Trauma – Zuflucht, Schutz und Hilfen in einer sicheren Lebensperspektive in Niedersachsen.

Eine der ganz wichtigen Hilfen stellen die medizinische Versorgung und der Zugang zu medizinischer Versorgung in unserem Gesundheitswesen dar. Dies ist Inhalt des Entschließungsantrags, nämlich

für die Empfängerinnen und Empfänger von Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz und

für die Menschen ohne Papiere.

Ich begrüße den Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und des Bündnis 90/Die Grünen ausdrücklich. Die Sicherstellung der medizinischen Versorgung für Flüchtlinge in Niedersachsen ist ein sehr wichtiges Anliegen.

Der Antrag sieht unter Ziffer 1 die Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte zur Inanspruchnahme von ärztlichen Leistungen für Grundleistungsempfängerinnen und Grundleistungsempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz vor. Bremen und Hamburg sind bislang die einzigen Länder, die eine solche Karte eingeführt haben.

Wie auch in Niedersachsen dieses System verwirklicht werden kann, prüfen wir bereits. Zunächst ist hierbei die Übertragbarkeit des so genannten Bremer Modells von einem Stadtstaat auf das Flächenland Niedersachsen zu klären.

Es ist sehr zu begrüßen, dass der Bund in dieser Angelegenheit Unterstützung leisten möchte. Wie Sie wissen, haben sich der Bund und die Länder Ende November auf ein Gesamtkonzept zur Entlastung von Ländern und Kommunen bei der Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern verständigt. Dabei wurde auch vereinbart, die begonnenen Gespräche über Vereinfachungs- und Verbesserungsmöglichkeiten im Bereich der Gesundheitsversorgung fortzusetzen.

Der Bund prüft nun gemeinsam mit den Ländern, wie es den interessierten Flächenländern ermöglicht wird, die Gesundheitskarte für Asylbewerberinnen und Asylbewerber einzuführen.

Dabei muss aber auch allen Beteiligten klar sein: Das Projekt kann nur Erfolg haben, wenn sich der Bund an den Gesundheitskosten beteiligt.

Neben dieser Prüfung einer Verbesserung des Zugangs zur Krankenbehandlung für Empfängerinnen und Empfänger von Grundleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sieht der Entschließungsantrag eine weitere Maßnahme vor:

Nämlich für die Gruppe der Menschen, die ohne Papiere, ohne definierten Aufenthaltsstatus in Niedersachsen leben. Für sie kommt eine elektronische Behandlungskarte nicht in Frage: Sie sind den Leistungsbehörden namentlich nicht bekannt, ihre Zahl ist nur zu schätzen und wir wissen nicht, wo sie leben.

Menschen ohne Papiere haben Angst - vor der Entdeckung ihres Aufenthaltstatus. Sie suchen dann erst nach medizinischer Hilfe, wenn es nicht mehr anders geht. Wo die Möglichkeit gegeben ist, wenden sie sich an Stellen, denen sie vertrauen, - z.B. an die Medizinische Flüchtlingshilfe in Hannover und in Göttingen, um von dort anonym ärztliche Behandlung - in der Regel durch Weitervermittlung an kooperierende Ärztinnen und Ärzte sowie Kliniken - zu erhalten. Die behandelnden Ärztinnen und Ärzte arbeiten vielfach ehrenamtlich, rechnen die Kosten nicht ab.

Diese Situation ist in unserem Land mit einem außerordentlich gut entwickelten Gesundheitssystem nicht hinnehmbar. Unzureichende medizinische Versorgung kann zu Chronifizierung und Verschlechterung eines Krankheitsverlaufs, aber auch zu einer Gefährdung anderer Menschen durch Ansteckung führen. Deshalb soll ein dreijähriges Modellprojekt in Hannover und Göttingen aus dem Haushalt des Sozialministeriums ab 2015 finanziert werden, um daraus anschließend mit Hilfe einer Evaluation Erkenntnisse und Schlussfolgerungen für ein zukünftiges landesweites Verfahren zu ziehen.

Ziel ist, diesen betroffenen Menschen eine medizinische Notversorgung zu gewähren und ihnen gleichzeitig mögliche Wege in eine Regelversorgung hinein aufzuzeigen, d.h.

1. den Menschen in einer Clearingstelle Beratung zu der Prüfung einer möglichen Legalisierung ihres Aufenthalts und Integration in die Regelversorgung zu bieten. Unser Ziel, die Irregularität zu bekämpfen, wird hiermit unterstützt.

2. ihnen medizinische Beratung zu geben und

3. sie an kooperierende Ärztinnen und Ärzte sowie Kliniken weiter zu vermitteln.

Die Gewährung von Hilfen „für Eilfälle in Notsituationen“ bedarf einer weiteren Lösung - wie sie im Entschließungsantrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen berücksichtigt ist.

Nun hat die CDU-Fraktion zum gleichen Themenfeld einen Antrag mit dem Titel „Rechtsstaatlichkeit bei der medizinischen Versorgung von Flüchtlingen in Niedersachsen beachten“ gestellt. Zunächst einmal ist es begrüßenswert, dass sich die antragstellende Fraktion - wenn auch nach meiner Kenntnis zum ersten Mal - in besonderer Weise um den Schutz von Ärztinnen und Ärzten vor Strafverfolgung sorgt, die Menschen mit nicht klarem Aufenthaltsstatus behandeln. Vor diesem Hintergrund irritiert der Antrag der CDU-Fraktion:

Denn vorgesehen ist im Antrag der SPD und Bündnis 90/Die Grünen eine Notfallversorgung von Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus analog der §§ 4 und 6 AsylbLG. Eine Regelversorgung für Menschen ohne Papiere wird nicht verfolgt!

„Eine über die nach geltendem Recht hinausgehende medizinische Versorgung für Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus zu etablieren“, wie von der CDU-Fraktion unterstellt, ist nicht Inhalt des Antrags der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen.

Auch „eine Missachtung des Ermessensspielraums in dem vom Bundesgesetzgeber geschaffenen Rechtsrahmen“ vermag ich genau so wenig zu erkennen wie ein angebliches Hinwegsetzen über geltendes Bundesrecht und eine Aufforderung zu strafbaren Handlungen.

Das Gegenteil ist der Fall. Erkenntnisse aus den Projekten in anderen Bundesländern zeigen, dass für eine bedeutende Zahl der Menschen ohne Papiere eine Legalisierung erreicht werden konnte. Das europäische Ziel, die Migration in verlässliche Bahnen zu lenken, kann so aktiv gestützt werden.

Ich bitte um Ihre Unterstützung des Antrags.“

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.12.2014

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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