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Krankenhaushygiene

Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr, Gabriela König und Christian Grascha (FDP) geantwortet.


Die Abgeordneten Sylvia Bruns, Almuth von Below-Neufeldt, Björn Försterling, Christian Dürr, Gabriela König und Christian Grascha (FDP) hatten gefragt:

Immer wieder werden multiresistente Keime in deutschen Krankenhäusern gefunden, die jedes Mal aufs Neue die Diskussion über Vorfälle wegen mangelnder Krankenhaushygiene entfachen.

Schon lange fordern Experten in Deutschland vorbeugende Tests und eine Verschärfung der Hygienevorschriften in Krankenhäusern, wobei vielfach auf das holländische Vorbild verwiesen wird. Dort werden die Patienten vorsorglich einem MRSA-Scan unterzogen, bei Verdacht oder Nachweis des Erregers werden sie isoliert. Ihre Krankenzimmer sind dann nur durch eine Schleuse und in Schutzkleidung zu betreten. Zudem wird je nach Einzelfall gezielt nach einem Medikament gesucht, mit dem der Erreger wirksam behandelt werden kann.

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wäre eine komplette oder zumindest teilweise Angleichung der Hygienestandards an das holländische Vorbild aus Sicht der Landesregierung ratsam?
  2. Welche Vorteile oder Nachteile sieht die Landesregierung bei einer Angleichung der Hygienestandards an das holländische Modell?
  3. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung zur Verbesserung der Krankenhaushygiene ergriffen bzw. plant sie zu ergreifen?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Ziel der Krankenhaushygiene ist es, das Risiko für sogenannte nosokomiale Infektionen, also mit medizinischen Maßnahmen assoziierte Infektionen, zu senken. Nur ein Teil dieser Infektionen ist tatsächlich vermeidbar und auf „fehlerhaftes“ Verhalten zurückzuführen. Das Risiko für nosokomiale Infektionen ist stark von der Art der Eingriffe und dem Gesundheitszustand der Patientinnen und Patienten abhängig.

Mit den Änderungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) im Jahr 2011 wurden den Leiterinnen und Leitern von medizinischen Einrichtungen ihre Pflichten im Rahmen der Infektionsprävention verdeutlicht. Danach haben diese sicherzustellen, dass die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft erforderlichen Maßnahmen getroffen werden, um nosokomiale Infektionen zu verhüten und die Weiterverbreitung von Krankheitserregern, insbesondere solcher mit Resistenzen, zu vermeiden. Die Einhaltung des Standes der medizinischen Wissenschaft auf diesem Gebiet wird vermutet, wenn jeweils die veröffentlichten Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention beim Robert Koch-Institut (KRINKO) und der Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie beim Robert Koch-Institut (ART) beachtet worden sind. Auch die im Jahr 2012 auf der Grundlage des IfSG erlassene Niedersächsische Verordnung über Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen (NMedHygVO) nimmt auf diese Empfehlungen Bezug.

Die KRINKO hat ihre Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen aktuell überarbeitet und im Juni 2014 veröffentlicht. Die Empfehlungen beruhen auf nationalen und internationalen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Fragen namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Wie einleitend dargestellt gelten die Empfehlungen der KRINKO als medizinischer Standard und sind auf der Grundlage des IfSG und der NMedHygVO als solcher in Niedersachsen festgeschrieben. Nach diesen aktuellen Empfehlungen werden für Präventions- und Bekämpfungsmaßnahmen in Bezug auf MRSA folgende Instrumente eingesetzt:

1. eine gut etablierte und konsequent durchgeführte Basishygiene einschließlich Schulung und Information des Personals;

2. die ärztliche Risikoanalyse zur Umsetzung der im Teil III der Empfehlungen aufgeführten allgemeinen und speziellen Empfehlungen zur Erkennung, Vermeidung und Bekämpfung von MRSA insbesondere

a. zur Identifikation von MRSA-Trägern durch gezielte Anamnese und risikobasierte Reihenuntersuchung (Screening),

b. Anwendung von über die Basishygiene hinausgehenden Barrieremaßnahmen,

c. die Prüfung der Indikation zur Dekolonisierung und ggf. eine Dekolonisierungsbehandlung;

3. ein rationaler Umgang mit Antibiotika;

4. die einrichtungsübergreifende Koordination.

Damit zählen die von den Fragestellenden genannten Maßnahmen auch in Niedersachsen zum Hygienestandard.

Zu 2.:

Die Empfehlungen der KRINKO beruhen auf wissenschaftlicher Expertise im Bereich der Krankenhaushygiene und werden durch die Landesregierung im Einzelnen nicht bewertet. Es gibt keinen Anlass, die Effektivität der aktuellen Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von MRSA, die auch die positiven Erfahrungen aus den Niederlanden berücksichtigen, in Frage zu stellen.

Zu 3.:

Wie beschrieben wurden in den letzten Jahren sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene umfangreiche rechtliche Regelungen mit dem Ziel der Eindämmung nosokomialer Infektionen getroffen. Mit dem Erlass der NMedHygVO im Jahr 2012 wurden in Niedersachsen die erfassten medizinischen Einrichtungen nicht nur haftungsrechtlich, sondern auch öffentlich-rechtlich verpflichtet, die anerkannten Regeln der Hygiene einzuhalten. Diese generelle Pflicht wird ergänzt durch weitere Einzelregelungen, die der Verbesserung des Infektionsschutzes in medizinischen Einrichtungen dienen. Durch die NMedHygVO soll letztlich Einfluss auf die Struktur- und Prozessqualität ausgeübt werden, indem für eine stringente Anwendung und die strikte Einhaltung der Grundsätze der Hygiene und Infektionsprävention Sorge getragen wird. Dazu gehört insbesondere die Sicherstellung personeller Voraussetzungen zur Einhaltung der Hygieneregeln durch Bestimmungen über die Ausstattung mit Hygienefachpersonal und deren Qualifikation. Weitere Regelungen betreffen etwa die Einrichtung von Hygienekommissionen, die Fortbildung, die Information des Personals zu Hygiene, Screeninguntersuchungen sowie die Aufzeichnung von nosokomialen Infektionen, Resistenzen und des Antibiotikaverbrauchs. Fachlicher Maßstab sind jeweils die Empfehlungen der KRINKO.

Die bestehenden rechtlichen Bestimmungen werden von zahlreichen weiteren Maßnahmen flankiert, um dem Problem therapieassoziierter Infektionen zu begegnen. Die Landesregierung kann dabei insbesondere auf die Kompetenz des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA) bauen, das mit zahlreichen Aktivitäten dazu beiträgt und die Beteiligten in vielfältiger Weise in ihren Anstrengungen unterstützt, Patientinnen und Patienten wirksam vor therapieassoziierten Infektionen zu schützen. Die konkreten Maßnahmen zur Verbesserung der Hygiene sind inzwischen weitgehend umgesetzt. Materialien und weitere Informationen dazu können auf der Internetseite des NLGA unter www.nlga.niedersachsen.de abgerufen werden. Zu den Maßnahmen gehören im Einzelnen:

Fachliche Unterstützung für unterschiedliche Einrichtungen des Gesundheitswesens zum Thema Hygiene durch das NLGA

Der Arbeitsbereich Krankenhaushygiene am NLGA steht Einrichtungen des Gesundheitswesens beratend in Fragen der Hygiene zur Verfügung. Neben Krankenhäusern sind Alten- und Pflegeeinrichtungen Hauptansprechpartner des Arbeitsbereiches. Es werden zahlreiche Multiplikatorenschulungen durchgeführt und hierfür Schulungsdateien zur Verfügung gestellt. Der Arbeitsbereich unterstützt den öffentlichen Gesundheitsdienst bei der Überwachung medizinischer Einrichtungen. Weitere Informationen für die Bevölkerung und die Fachöffentlichkeit werden auf der Internetseite www.mrsa.niedersachsen.de zur Verfügung gestellt und ständig aktualisiert. Dabei wird das NLGA von den Expertinnen und Experten des Begleitgremiums (s. unten) unterstützt.

EU-Projekt EurSafety Health-net

Gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden führt Niedersachsen mit fachlicher Unterstützung des NLGA das EU-Projekt „EurSafety Health-net Euregionales Netzwerk für Patientensicherheit und Infektionsschutz“ durch. In das Projekt sind die Kommunen des Grenzgebietes zu den Niederlanden eingebunden. Neben der direkten Vernetzung vor Ort gehen von dem Projekt wichtige Impulse für Initiativen gegen Antibiotika-Resistenzen und nosokomiale Infektionen auch für andere Teile Niedersachsens aus.

Um die erfolgreiche Arbeit auszuweiten, wurde ein Konzept für ein Folgeprojekt erstellt. Ziel ist es unter anderem, im Rahmen von INTERREG V eine grenzüberschreitende Weiterbildungsinitiative im Bereich Hygiene und Antibiotika-Resistenz zu implementieren. Der Projektantrag „health-i-care“ wurde im November 2014 vom Projektkoordinator in Groningen über die EUREGIO eingereicht. Das NLGA ist als aktiver Teilnehmer eingebunden. Eine Entscheidung über die Bewilligung steht noch aus.

Netzwerkbildung auf Landesebene

Auf Landesebene wurde ein Begleitgremium gegründet, in dem Problemfelder der Hygiene im Kontext mit Antibiotikaresistenzen erörtert und überregionale Strategien abgestimmt werden. In diesem Gremium sind vertreten: MS, NLGA, Ärztekammer Niedersachsen, Apothekerkammer, Niedersächsischer Landkreistag, Niedersächsische Krankenhausgesellschaft, Kassenärztliche Vereinigung Niedersachsen, Landesverbände der gesetzlichen Krankenkassen, Medizinische Hochschule Hannover, Universität Göttingen, Fachverbände und Expertinnen und Experten aus den Bereichen Hygiene/Mikrobiologie, dem öffentlichen Gesundheitsdienst und der Pflege.

Netzwerkbildung auf kommunaler Ebene durch den öffentlichen Gesundheitsdienst

Regionale Netzwerke gelten als ein wirksames Instrument, der Problematik multiresistenter Erreger zu begegnen. Ziel ist der offene Austausch unterschiedlicher Institutionen über mögliche Maßnahmen. Dazu gehört beispielsweise die Bekanntgabe von Patientinnen und Patienten mit MRSA, damit besondere Hygienemaßnahmen und eventuelle Therapien zielgerichtet durchgeführt werden können. Diese Netzwerke wurden durch den kommunalen öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) vor Ort etabliert. Das NLGA unterstützt die Kommunen bei der Bildung dieser Netzwerke durch Arbeitsmaterialien und persönliche Beratung aus dem Arbeitsbereich Krankenhaushygiene.

Vereinheitlichung und Qualitätssicherung der Hygieneüberwachung durch den ÖGD

Das NLGA führt seit 2013 einmal jährlich eine zentrale Fortbildung zu spezifischen Themen der infektionshygienischen Überwachung von medizinischen Einrichtungen für den kommunalen ÖGD durch. Dabei werden Checklisten ausgegeben, um so eine einheitliche und qualitätsgesicherte Überwachung zu gewährleisten.

Durch die genannten Regelungen und Maßnahmen hat die Landesregierung bereits entscheidende Schritte zur Eindämmung von nosokomialen Infektionen und von Antibiotika-Resistenzen unternommen. Sie sind und bleiben weiterhin Schwerpunktthemen im Bereich der Gesundheitsversorgung. Mit intensiver Unterstützung der Expertinnen und Experten des NLGA werden die ergriffenen oder eingeleiteten Maßnahmen weiterhin konsequent umgesetzt, fortentwickelt und ergänzt. Insbesondere kommt der Aus-, Fort- und Weiterbildung des Personals im Gesundheitswesen eine entscheidende Bedeutung zu. Dabei bestehen enge Kontakte zu weiteren Expertinnen und Experten in Niedersachsen, Deutschland und den Niederlanden, die den eingeschlagenen Weg konstruktiv begleiten.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
20.02.2015

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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