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„Keine Reform der Pflegeberufe zulasten von Ausbildungsqualität und Ausbildungskapazitäten“

Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Cornelia Rundt



Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 15.04.2016, TOP 29


- Es gilt das gesprochene Wort -

„Seit mehr als zehn Jahren diskutieren wir in der Bundesrepublik darüber, die Ausbildungen nach dem Alten- und Krankenpflegegesetz zu einer neuen, generalistisch ausgerichteten Pflegeausbildung zusammenzuführen. Seit mehr als zehn Jahren warten Pflegebedürftige, Angehörige, Betriebe und Pflegende auf eine moderne, praxisnahe Lösung, die sich in erster Linie an den Bedürfnissen der zu pflegenden Menschen orientiert.

Dieser Zeitablauf ist kaum nachvollziehbar, weil hier nicht das Rad neu erfunden werden muss, sondern eine Ausbildungspraxis aufgegriffen werden soll, die in vielen anderen europäischen Ländern längst Standard ist und deren Grundidee zudem auf einer Expertise der Pflegewissenschaft basiert.

Bereits im Jahr 2009 haben sich alle Bundesländer für eine Zusammenführung der bisher bestehenden drei Pflegeberufe ausgesprochen. Die FDP war zu diesem Zeitpunkt ein Koalitionspartner der damaligen Landesregierung und damit an der getroffenen Entscheidung maßgeblich beteiligt.

Der von Ihnen mit dem Entschließungsantrag erhobene Vorwurf einer „kurzfristigen“ Vorlage des Gesetzentwurfs ist vor diesem Hintergrund mindestens bemerkenswert.

Die Vorteile des neuen Modells sind offensichtlich: Generalistisch ausgebildete Pflegekräfte werden für die Versorgung von Menschen aller Altersgruppen umfassend qualifiziert sein. Sie sind vielseitiger ausgebildet und in allen Arbeitsfeldern und Versorgungsformen der Pflege flexibler einsetzbar. Damit wird der neue Pflegeberuf für Schulabgängerinnen und Schulabgänger in der Zukunft deutlich an Attraktivität gewinnen.

Diese Attraktivitätssteigerung ist auch dringend notwendig, denn gerade in der Pflege werden die Fachkräfte schon aufgrund des demografischen Wandels heute und noch mehr in der Zukunft dringend benötigt. Die Unternehmen profitieren in besonderer Weise vom Pflegeberufereformgesetz: Attraktivere Berufe erzeugen auf dem Arbeitsmarkt eine größere Nachfrage bei den Beschäftigten und erzeugen eine Sogwirkung.

Durch das geplante Umlageverfahren wird die Ausbildung auch in finanzieller Hinsicht gerechter, denn die Ausbildungskosten werden auf alle beteiligten Unternehmen umgelegt. Dies bedeutet also das Ende der Trittbrettfahrerei. Gelegentlich wird der Neuordnung entgegengehalten, dass vermeintliches Spezialwissen verloren ginge. Berufliche Bildung ist aber mehr als die Qualifizierung für einen bestimmten Arbeitsplatz. Es kann daher nicht Ziel einer beruflichen Erstausbildung sein, hochspezialisierte Expertinnen und Experten hervorzubringen. Vielmehr müssen zunächst Grundlagen vermittelt werden, die eine berufliche Handlungsfähigkeit begründen, an die sich dann natürlich eine Spezialisierung anschließen kann. Dies wird mit der neuen Pflegeausbildung gelingen.

Und ganz wichtig: Bei generalistischer Ausbildung wird es kein Argument für eine unterschiedliche Bezahlung mehr geben. Die Fachkräfte in der Altenpflege in Niedersachsen verdienen heute im Vergleich zu den Fachkräften in der Krankenpflege fast 27 Prozent weniger.

Mit der generalisierten Ausbildung kann es keinen Grund mehr geben, Alten- und Krankenpflege unterschiedlich zu bezahlen. Das wird zu Anpassungsprozessen auf das Niveau der Krankenpflege führen. Das tut der Altenpflege und dem dort längst bestehenden Fachkräftemangel gut.

Der Gesetzentwurf stellt damit im Ergebnis alle Bereiche der Pflege auf eine zukunftsfeste Grundlage.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
15.04.2016

Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger

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