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"Ist die „Notfallversorgung 2.0“ nur eine „Notfallabmeldung 2.0“?"

Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage



Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Max Matthiesen, Petra Joumaah, Volker Meyer, Gudrun Pieper, Annette Schwarz, Gabriela Kohlenberg, Editha Lorberg, Rainer Fredermann, Sebastian Lechner und Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens (CDU) geantwortet.


Die
Abgeordneten Dr. Max Matthiesen, Petra Joumaah, Volker Meyer, Gudrun Pieper, Annette Schwarz, Gabriela Kohlenberg, Editha Lorberg, Rainer Fredermann, Sebastian Lechner und Dr. Hans-Joachim Deneke-Jöhrens (CDU) hatten gefragt:

In der Antwort auf die Kleine Anfrage zur mündlichen Beantwortung „Kein Bett frei - als Notfallpatient mit dem Rettungswagen in der Region Hannover unterwegs“ (Frage 9 der Drs. 17/4430) teilt die Landesregierung mit, dass sie beabsichtige, schrittweise einen interdisziplinären Versorgungsnachweis (IVENA) einzuführen. Damit könne eine zielgerichtete Steuerung der Notfälle in das am besten geeignete Krankenhaus sichergestellt werden.

NDR.de berichtete am 16. Oktober 2015 über IVENA unter der Überschrift „Notfallversorgung 2.0 soll bald starten“, dass laut Sozialministerium mithilfe des neuen Systems ein Patient mit neurologischem Befund nicht mehr notwendigerweise in eine weiter entfernte Notaufnahme müsse, nur weil die nähergelegene sich wegen zu vieler chirurgischer Fälle abgemeldet habe.

1. Müssen sich bislang an der Notfallversorgung teilnehmende Krankenhäuser komplett abmelden, auch wenn nur eine einzelne Station keine Notfälle mehr aufnehmen kann?

2. Falls sich Krankenhäuser nicht komplett abmelden müssen, welchen konkreten Zusatznutzen hat IVENA, da dem Rettungswagenfahrer dann ja auch jetzt schon bekannt ist, welche Stationen der an der Notfallversorgung teilnehmenden Krankenhäuser noch Notfälle aufnehmen können?

3. Wann startet IVENA, und was trägt das System zu einer Verbesserung der stationären Kapazitäten in der Notfallversorgung in der Region Hannover bei?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Zu 1.:

Die bisherige Abmeldung bzw. Meldung über eingeschränkte Versorgungskapazitäten der Kliniken erfolgt telefonisch oder - bspw. wie in der Regionsleitstelle Hannover standardisiert - über ein Faxvordruck. Die Abmeldedaten werden dann in eine elektronische Übersicht übertragen, die von jedem Disponenten eingesehen werden kann. Hierbei sind fachspezifische „Abmeldungen“ möglich. Grundsätzlich muss auch ein Zeitraum angegeben werden. Für besonders zeitsensitive Notfallbilder (z.B. Herzinfarkt, Schlaganfall) bestehen bereits heute besonders differenzierte Meldemöglichkeiten, da es hierbei besonders auf die zeitgerechte Fortführung der notfallmedizinischen Versorgungskette und nicht auf die verfügbare stationäre Behandlungsmöglichkeit ankommt. In enger Absprache werden in ärztlichen Gesprächen diese Patienten zusätzlich direkt angemeldet.

Zu 2.:

IVENA eröffnet der Leitstelle als verantwortliche Dispositionseinrichtung die Möglichkeit, durch die transparente Darstellung in Echtzeit Klinikkapazitäten im definierten Versorgungsumkreis optimal und dem Fall angemessen zu nutzen. Die einzelne Rettungswagen-Besatzung verfügt im Regelfall nicht über die Möglichkeit einer ggf. kommunalübergreifenden Dispositionsstrategie.

Durch die webbasierte Erfassung der klinischen Versorgungsmöglichkeiten (Positivnachweis) und gemeldeten Einschränkungen (Negativnachweis, fach- und zeitspezifisch) ist stufenweise (in Abhängigkeit der Anwenderrechte) eine transparente Darstellung in Echtzeit möglich. Hierdurch erhalten die Kliniken und Rettungsleitstellen eine direkte Übersicht der umgebenen Versorgungslandschaft. Dies ist in Ballungsbereichen mit verschiedenen differenzierten klinischen Versorgungsangeboten zur Steuerung des Zuweisungsprozesses wichtig, aber auch in ländlichen Versorgungsräumen, in denen lange Wege zum nächsten Krankenhaus kalkuliert werden müssen.

Über die Datenbank IVENA entfallen zukünftig die zusätzlichen Abmeldungserfassungen durch Dritte (Rettungsleitstelle). Die Klinken melden sich selbst entsprechend der definierten Rechte ab. Die Klinikleitung kann eine zusätzliche Benachrichtigung über die Meldung erhalten.

In einer weiteren Ausbaustufe kann durch den Rettungsdienst / die Rettungsleitstelle mittels standardisierter Codierlisten (PZC-Patientenzuweisungscode) nach verfügbaren, geeigneten klinischen Behandlungseinrichtungen gesucht werden. Dies ermöglicht den Kliniken im Vorfeld die innerklinischen Prozesse entsprechend der PZC zu planen und in der entsprechenden Datenbank einzupflegen. Beispielsweise kann bei einem technischen Defekt des Computertomographen (CT) das entsprechende Leistungsangebot in der Anwendung für die Zeit der Reparatur abgemeldet werden. Folglich kann eine Zuweisung in eine nicht geeignete Behandlungseinrichtung verhindert werden.

Weiterhin können die Rettungsmittel in dieser weiteren Ausbaustufe ihre Ankunft mittels PZC in der Klinik webbasiert (Übersichtsmonitor in der Notaufnahme) ankündigen. Hierdurch wird eine standardisierte Echtzeitvorinformation der Kliniken ermöglicht und die Klinken können sich entsprechend vorbereiten. Bisher werden wie dargestellt, notarztbegleitete und lebensbedrohliche Notfälle zusätzlich angemeldet, dies ist ein Anteil von ca. 30% der rettungsdienstlichen Einsätze. Mit dem Interdisziplinären Versorgungsnachweis entsteht ein transparentes Abmeldeverfahren, das außerdem unmittelbare innerklinische Prozessoptimierungen ermöglicht.

Zu 3.:

Nach Abklärung des Rechtsrahmens und der Finanzierung erfolgte auf Grundlage eines LOI (Letter of intent) zwischen den Beteiligten (Krankenhäuser, Kommune, Leitstelle) die Beschaffung, Installation und das Hosting über die Hannoversche Informationstechnologien (HannIT) - Anstalt öffentlichen Rechts. Zeitgleich läuft bereits die Datenerfassung der klinischen Stammdaten und es beginnen die Mitarbeiterschulungen im November 2015. Somit ist voraussichtlich noch im Dezember 2015 die erste Ausbaustufe netzfähig verfügbar. In weiteren niedersächsischen Kommunen wird ein gemeinsames Hosting durch HannIT eingeführt. Hierdurch wird eine landesweite und länderübergreifende Zusammenarbeit / Vernetzung möglich.

Zusammenfassend ermöglicht die webbasierte Darstellung in Echtzeit, die Versorgungsprozesskette für Notfallpatienten zu verbessern und Probleme (Engpässe) aufzuzeigen. Auf Grundlage dieser einheitlichen Datenbasis erfolgt in der o.g. AG in der geplanten 36-monatigen Projektlaufzeit eine begleitende Analyse zur weiteren Problemidentifikation als Grundlage zur Formulierung von Lösungsansätzen. Für die stationäre Versorgung bedeutet eine zeitgemäße Einführung von aktuellen und transparenten Kommunikationswegen eine Prozess- und Qualitätsoptimierung in der Notfallversorgung.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Frau Heinke Traeger

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