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„Hilfe für Opfer von Unrecht und Misshandlungen in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie in den Jahren 1949 bis 1990“

Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Cornelia Rundt am 18.09.15 im Niedersächsischen Landtag, TOP 30


- Es gilt das gesprochene Wort –


„Kinder und Jugendliche, die in den Jahren zwischen 1949 und 1975 in Einrichtungen der Behindertenhilfe und in psychiatrischen Einrichtungen auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland untergebracht waren, haben vielfach Leid und Unrecht erleben müssen.

Dieses erlittene Leid und Unrecht muss anerkannt werden. Das Geschehene muss aufgearbeitet werden. Und nicht zuletzt müssen die Geschädigten auch Unterstützung erfahren und entschädigt werden. Darauf haben sie natürlich den gleichen Anspruch wie die Menschen ohne Behinderung, die als Kinder und Jugendliche in Erziehungsheimen Leid erfahren mussten und für die es Leistungen aus dem so genannten „Heimkinderfonds West“ gibt.

Der Bund, die Länder und die Kirchen stehen gemeinsam in der Verantwortung, auch für diese Menschen in den Einrichtungen der Behindertenhilfe eine Lösung zu finden.

Nicht allein nur für die Kinder und Jugendlichen, die wegen einer Behinderung in den Einrichtungen lebten. Die Lösung muss auch die Kinder und Jugendlichen ohne Behinderung umfassen, die fehlgeleitet – wegen falscher Diagnosen oder aus Kapazitätsgründen – in Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Psychiatrie untergebracht waren.

Wichtig ist für mich, dass diese Lösung Erfahrungen aus der Planung und organisatorischen Abwicklung des Heimkinderfonds berücksichtigt. Es geht darum, von vorne herein auch auskömmliche und verbindliche Finanzierung der Ausgleichsleistungen zu gewährleisten.

Auch muss bei der Ausstattung des Fonds berücksichtigt werden, dass es bei den Kindern und Jugendlichen in der ehemaligen DDR um einen weitaus längeren Zeitraum geht, nämlich um die Jahre 1949 bis 1990, also um 41 Jahre.

Die Zahl der potentiell Anspruchsberechtigten dürfte daher im Verhältnis zu dem Zeitraum von 26 Jahren (1949 bis 1975), der für das Gebiet der ehemaligen Bundesrepublik gilt, deutlich höher sein. Die Anteile der Länder müssen daher entsprechend differenziert werden.

Niedersachsen wird sich einer sachgerechten Lösung nicht verschließen und dafür auch seinen finanziellen Anteil leisten.

Ich begrüße den Entschließungsantrag daher ausdrücklich.

Von einer Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern der

• Arbeits- und Sozialministerkonferenz,

• der Gesundheitsministerkonferenz,

• der Jugendministerkonferenz,

• der drei Bundesministerien für Arbeit und Soziales, für Gesundheit und für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie

• der evangelischen und katholischen Kirche

wurde inzwischen ein erster Vorschlag entwickelt. Dieser sieht die Errichtung einer Stiftung Anerkennung und Hilfe vor. Zustifter sollen der Bund, die Länder und die Kirchen sein. Gedacht wird an eine öffentliche Anerkennung und Aufarbeitung der Leid und Unrechtserfahrungen sowie an Geldleistungen für die Menschen, die auf Grund des Erlebten noch heute andauernd belastet sind.

Derzeit wird im Auftrag des Bundes eine wissenschaftliche Studie erstellt, die klären soll, mit welcher Anzahl anspruchsberechtigter Personen überhaupt zu rechnen ist. Das bisher verfügbare Datenmaterial ermöglicht bisher keine valide Einschätzung und muss daher zunächst intensiv analysiert werden.

Dies ist eine ganz zentrale Frage, wenn es um die Finanzierung der Stiftung geht. Erst wenn die Ergebnisse vorliegen, können wir eine erste Bewertung vornehmen, wie sich ein niedersächsischer Anteil am Stiftungsvermögen berechnen lässt.

Auch zur Frage der Ausgestaltung der geplanten Geldleistungen für Geschädigte gibt es derzeit noch unterschiedliche Vorstellungen. Für mich erscheint es geboten, dass zur Höhe der Geldleistungen und zur Laufzeit der Stiftungslösung eine weitgehende Gleichbehandlung mit dem Heimkinderfonds West vorgesehen wird.

Insgesamt ist das Thema also bereits auf dem Weg. Derzeit gehen wir davon aus, dass die noch ausstehenden Entscheidungen noch im laufenden Jahr getroffen werden können.“

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen
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