Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung Niedersachsen klar Logo

„Einführung der elektronischen Gesundheitskarte für Flüchtlinge“

Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage



Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Abgeordnete Belit Onay und Filiz Polat (Grüne)

geantwortet.

Die Abgeordneten Abgeordnete Belit Onay und Filiz Polat (Grüne) hatten gefragt:

Vorbemerkung der Abgeordneten

Anfang April 2016 wurde die Rahmenvereinbarung zwischen dem Land Niedersachsen und den Krankenkassen zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) für Flüchtlinge unterzeichnet. Seitdem steht es den niedersächsischen Gebietskörperschaften offen, in diese Rahmenvereinbarung einzutreten und die Gesundheitskarte einzuführen.

Die kommunalen Spitzenverbände NST und NLT haben sich kritisch gegenüber der Vereinbarung geäußert und die Einführung der Karte in ihrer Pressemitteilung vom 16. März 2016 als „offen“ bezeichnet. Befürchtet würden erhebliche Kostensteigerungen. Auch ohne Karte sei die Erfüllung des gesetzlichen Anspruchs auf ärztliche Behandlung gewährleistet. In der Folge haben sich zahlreiche kommunale Verwaltungen mit diesen Argumenten gegen die Einführung der eGK ausgesprochen oder diese prüfen wollen. Lediglich die Stadt Delmenhorst hat bisher - gegen die Empfehlung der Verwaltung - die Einführung beschlossen.

Es stellt sich die Frage, welche Faktoren bei einer Vergleichsberechnung zu berücksichtigen sind.

1. Ist es richtig, dass in die Berechnung des Personalaufwands auf kommunaler Ebene für das bisherige Verfahren, also ohne eGK, lediglich das Ausstellen von Behandlungsscheinen einzubeziehen ist, oder sollte auch die qualifizierte Prüfung der Abrechnungen der Ärztinnen und Ärzte, Krankenhäuser und Apotheken für Gesundheitsleistungen auf Plausibilität einbezogen werden?

2. Welcher Personalaufwand müsste nach Schätzung der Landesregierung auf kommunaler Ebene betrieben werden, um diese Aufgaben zu erfüllen?

3. Sollten nach Einschätzung der Landesregierung in die Berechnung auch die folgenden Punkte einbezogen werden:

  • Aufwand der Kommunen für Gutachterkosten für die Bewilligung bestimmter Leistungen, wohingegen bei der Verwendung der eGK über die Bewilligung vieler Leistungen kassenintern entschieden wird, was nicht extra zu berechnen ist,

  • Einsparpotenzial der Kommunen durch Rabattverträge der Kassen mit einzelnen Leistungsanbietern, von denen die Kommunen nur profitieren, wenn über die eGK abgerechnet wird,

  • Aufwand der Kommunen für den Unterhalt von Räumlichkeiten sowie die Ausstattung mit notwendiger Hard- und Software?

    Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

    Vorbemerkung der Landesregierung:

    Bisher müssen sich Asylsuchende im Krankheitsfall erst bei der zuständigen Kommune einen Behandlungsschein besorgen, bevor sie ärztliche Behandlung in Anspruch nehmen. Dies könnte im Einzelfall die Gefahr einer gefährlichen Verzögerung bergen. Die durch den Abschluss der Rahmenvereinbarung nach § 264 Abs.1 SGB V nunmehr mögliche Nutzung einer eGK stellt eine Verbesserung für die Asylsuchenden gegenüber dem beschriebenen Behandlungsscheinverfahren dar. Asylsuchende können damit direkt ärztliche Behandlung aufsuchen. Die Landesregierung favorisiert daher dieses Modell der Verwendung einer eGK für Asylsuchende. Auf der Basis der örtlichen Gegebenheiten entscheiden die Kommunen dann selbst, ob sie den gesetzlichen Anspruch der Asylsuchenden auf ärztliche Behandlung mit oder ohne elektronische Gesundheitskarte gewährleisten.

    Zu 1.:

    Die Berechnung des Personalaufwandes erfolgt durch die jeweiligen Kommunen in eigener Verantwortung. Dementsprechend existieren keine Vorgaben des Landes, inwieweit neben dem Aufwand für das Ausstellen von Behandlungsscheinen noch andere Aufwendungen in Kostenrechnungen einfließen sollten.

    Im Rahmen der Durchführung des Asylbewerberleistungsgesetzes haben die zuständigen Kommunen auch die Berechtigung und den Umfang der zu gewährenden Leistungen zu prüfen. Im Fall der eGK können die abrechnenden Krankenkassen die bei ihnen vorhandene Prüfstrukturen und IT-Systeme auch bei der eGK für Asylsuchende nutzen, um Fehler in den Abrechnungen festzustellen. Hier könnte sich ein Einsparpotential für die Kommunen ergeben.

    Zu 2.:

    Der rechnerisch erforderliche Personalaufwand einer Kommune für Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Gesundheitsversorgung Asylsuchender ist abhängig von der Zahl der ihr zugewiesenen Asylsuchenden und deren Morbidität sowie der Dauer des Asylverfahrens. Aus diesen und den unter Frage 1 dargestellten Gründen ist eine Bezifferung des hierfür erforderlichen Personalaufwandes durch das Land nicht möglich. In jedem Fall dürfte aber zu den Behandlungskosten ein Aufwand für die rechnerische und sachliche Prüfung der ärztlichen Abrechnungen hinzutreten. Bei einer Wirtschaftlichkeitsberechnung wäre der Aufwand für die rechnerische und sachliche Prüfung einzubeziehen.

    Zu 3.:

    Aus Sicht der Landesregierung sollten die Kommunen im Falle einer Wirtschaftlichkeitsberechnung zum Vergleich des eGK- und des Behandlungsscheinverfahrens alle Aufwände und möglichen Einsparpotentiale bewerten. Für die eGK könnten dabei neben den in Frage 3 folgende Punkte sprechen:

  • Die Entlastung der Kommunen von Bürokratieaufgaben bzw. der daraus resultierenden Möglichkeiten zum anderen Einsatz von Personal;

  • der Wegfall des Risikos, bei schwankenden Asylbewerberzahlen unterschiedlich viel Personal zur Bewältigung der beschriebenen Aufgaben vorhalten zu müssen;

  • die Möglichkeit, von kostengünstigen Verträgen der Krankenkassen mit Leistungsanbietern z. B. im Hilfsmittelbereich zu profitieren;

  • die Entlastung von Verwaltungskosten, die gegenwärtig bei Nutzung anderer Verfahren an die Vertragsärzte abgeführt werden müssen.

Neben diesen ökonomischen Aspekten ist der mit der eGK verbundene diskriminierungsfreie Umgang mit Asylsuchenden ein nicht monetär aufzuwiegender zusätzlicher eigenständiger Wert.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
16.09.2016

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln