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Bundesteilhabegesetz:

Niedersachsens Sozialministerin bezeichnet den jetzt von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf als „halbherzig“


Cornelia Rundt setzt sich im Bundesrat für deutliche Verbesserungen für Menschen mit Behinderung ein

Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat heute im Bundesrat deutlichen Nachbesserungsbedarf am von der Bundesregierung vorgelegten Entwurf für ein Bundesteilhabegesetz (BTHG) angemeldet: „Mir ist es wichtig, dass alle Personen, die heute leistungsberechtigt sind, auch in Zukunft Leistungen erhalten. Darüber hinaus lässt das Bundesteilhabegesetz noch klare und eindeutige Abgrenzungsregelungen zwischen den Leistungen der Pflegeversicherung, der Hilfe zur Pflege und der Eingliederungshilfe vermissen. Hier sehe ich noch dringenden Nachbesserungsbedarf.“ Insbesondere gelte dies für die Regelung des § 43 a SGB XI, der Menschen mit Behinderungen benachteilige, die zugleich pflegebedürftig seien, so die Ministerin. Leben Menschen mit Behinderungen in stationären Wohnstätten der Eingliederungshilfe, erhalten sie nicht die vollen Leistungen der Pflegeversicherung, sondern nur eine Pauschale. Diese seit Mitte der Neunziger Jahre bestehende Benachteiligung soll trotz der Neugestaltung des Gesetzes fortgeführt werden. Es besteht sogar die Gefahr, dass ihr Anwendungsbereich sich künftig auch auf das heutige sogenannte ambulante Wohnen erstreckt. Rundt: „Die Regelung gehört nach meiner Überzeugung insgesamt gestrichen; mindestens aber darf ihr Anwendungsbereich nicht noch erweitert werden.“

Der Gesetzentwurf enthält indes auch wichtige Weichenstellungen für die Zukunft, die langjährigen Kernforderungen der Betroffenen und der Länder entsprechen: Mit dem Gesetzesvorhaben wird insbesondere eine personenzentrierte Ausrichtung der Teilhabebedarfsermittlung und -bedarfsplanung verfolgt. Die Unterscheidung zwischen ambulanten und stationären Leistungen wird aufgegeben. Der Teilhabebedarf wird dadurch unabhängig vom Ort der Leistungserbringung ermittelt. Die Möglichkeiten zur Teilhabe am Arbeitsleben werden erweitert. Das „Budget für Arbeit“ wird im Gesetz als Rechtsanspruch ausgestaltet. Auch die Leistungen zur Teilhabe an Bildung sollen verbessert werden. Bereits zum 1. Januar 2017 werden die Regelungen zur Anrechnung von Einkommen und Vermögen bei der Finanzierung von Teilhabeleistungen im Sinne der Leistungsberechtigten verbessert.

Die zu den Forderungen einiger Bundesländer gehörende Streichung des „Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung“ als Zugangsvoraussetzung zu einer Werkstatt für behinderte Menschen wurde heute von Niedersachsen ausdrücklich mitgetragen. Mit der Überführung der Leistungen der Eingliederungshilfe aus dem System der Sozialhilfe in ein eigenes Leistungsgesetz sind bereits Neuregelungen bei dem Einsatz von Einkommen und Vermögen verbunden, die die finanzielle Situation von Menschen mit Behinderungen verbessern. Die Reform der Eingliederungshilfe muss mit einer Kostenbeteiligung des Bundes einhergehen, damit Besitzstandswahrung und Leistungsverbesserungen für alle Menschen mit Behinderungen möglich sind.


Die Niedersächsische Landesregierung erwartet von der Bundesregierung daher, den Reformprozess in weiteren Schritten konsequent fortzusetzen.

Außerdem hat das Niedersächsische Sozialministerium heute im Bundesrat zu diesen Gesetzesentwürfen Stellung genommen:

Drittes Pflegestärkungsgesetz (PSG III)

Niedersachsens Sozialministerin, Cornelia Rundt, hat den im Entwurf des dritten Pflegestärkungsgesetzes (PSG III) vorgesehenen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff und die Einführung des neuen Begutachtungsassessments begrüßt. Der vorliegende Entwurf des PSG III beinhaltet daneben eine Stärkung der Rolle der Kommunen in der Pflege. „Ich halte es für unabdingbar, dass die Kommunen in Zukunft stärkeren Einfluss durch eine Möglichkeit zur Prüfung der Bedarfsgerechtigkeit der pflegerischen Angebote nehmen können“, so Rundt.

Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG)

Außerdem hat Niedersachsens Sozialministerin heute im Bundesrat den Entwurf eines Gesetzes zur Weiterentwicklung der Versorgung und der Vergütung für psychiatrische und psychosomatische Leistungen (PsychVVG) unterstützt: „In der modernen Psychiatrie von morgen werden aller Voraussicht nach die Patientinnen und Patienten bessere Chancen auf Teilhabe und Behandlung erhalten. Unter anderem soll die Möglichkeit eröffnet werden, die Betroffenen zuhause in der gewohnten Umgebung psychiatrisch behandeln zu können." Mit dem Gesetzentwurf könne der Weg zu einer modernen, bedarfsorientierten Versorgung in der Psychiatrie und in der Psychosomatik geebnet werden, so die Ministerin.

Zudem sei es im Sinne einer bestmöglichen Versorgung der psychisch Kranken notwendig, dass die Einrichtungen ein auskömmliches Budget, insbesondere zur Refinanzierung der Personalkosten von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, an die Hand bekommen. Rundt: „Der Erfolg hängt ganz maßgeblich von ausreichendem Personal ab. Deshalb ist es unverzichtbar, verbindliche Vorgaben zur Personalausstattung einzuführen. Dem trägt der Gesetzentwurf jetzt endlich Rechnung. Und das ist gut so.“

Außerdem befürwortet Niedersachsens Sozialministerin, dass nach dem Gesetzentwurf das im bisherigen Recht angelegte reine Abrechnungssystem (mit einer Konvergenz hin zu landeseinheitlichen Preisen) durch ein Budgetsystem ersetzt werden soll - ein Preissystem wie die DRG in Krankenhäusern würde laut Rundt in der Psychiatrie und in der Psychosomatik zu falschen Anreizen führen: Benachteiligt davon wären insbesondere schwer psychisch Kranke. „Mit der vorgesehenen Einführung eines Budgetsystems wird diese Gefahr abgewendet, und das ist im Interesse der Betroffenen sehr gut“, so Rundt. Insofern seien die Ansätze in dem Gesetzentwurf, die etwa auf ein Home-Treatment abheben, besonders zu begrüßen – „erst ein budgetorientierter Ansatz im Vergütungssystem ermöglicht es, den Grundsatz ambulant vor stationär zu verwirklichen.“

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Artikel-Informationen

erstellt am:
23.09.2016

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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