Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Gleichstellung Niedersachsen klar Logo

„Ausverkauf der Ostfriesischen Inseln beenden, Dauerwohnraum für Inselbewohner erhalten!“; „Besondere Situation der Ostfriesischen Inseln berücksichtigen – Handlungskonzept entwickeln“

Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Cornelia Rundt


Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 18.03.2015, TOP 8


- Es gilt das gesprochene Wort –

„Vor etwa einem Jahr hat eine Konferenz mit Vertretern der Ostfriesischen Inselgemeinden stattgefunden. Initiator der Konferenz war Herr MdL Holger Heymann, dem ich für sein Engagement in dieser Angelegenheit ganz besonders danke.

Denn diese Konferenz war die Initialzündung, endlich die Inselgemeinden bei der Bewältigung ihrer besonderen Schwierigkeiten zu unterstützen.

Ich freue mich deshalb, dass sich auch der Landtag dieses wichtigen Themas widmet.

Viele Inselgemeinden freuen sich einerseits über den Bau von schönen neuen Häusern in zentralen Lagen ihrer Gemeinde; andererseits aber befürchten sie, dass durch den Verkauf von Wohnungen an Auswärtige „tote Zonen“ geschaffen werden. Denn erfahrungsgemäß stehen die Gebäude mit Zweitwohnungen während der überwiegenden Zeit des Jahres leer.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Inselgemeinden Schulen, Kindergärten und andere Infrastruktureinrichtungen vorhalten und unterhalten müssen. Außerdem wurde darüber geklagt, dass durch diese Zweitwohnungen in erheblichem Umfang Bauland verbraucht wird. Dieses Bauland steht dann für bezahlbaren Wohnraum für die einheimische Bevölkerung und für Beschäftigte der Wirtschaftsbetriebe auf den Inseln, insbesondere der Tourismuswirtschaft, nicht mehr zur Verfügung.

Viele Inselgemeinden haben deshalb auf der Grundlage von § 22 des Baugesetzbuchs Satzungen erlassen, die die Begründung von Wohnungseigentum einem Genehmigungsvorbehalt unterwerfen.

Dieser Genehmigungsvorbehalt wird von Investoren allerdings vielfach umgangen; anstelle von Wohnungseigentum wird Bruchteilseigentum begründet.

Deshalb haben die betroffenen Gemeinden den Wunsch geäußert, eine Änderung des § 22 Baugesetzbuch herbeizuführen, mit der auch die Begründung von Bruchteilseigentum dem Genehmigungsvorbehalt unterworfen wird. Die Landesregierung beabsichtigt, sich für dieses Anliegen der Inselgemeinden einzusetzen. Das Sozialministerium hat deshalb bereits eine Bundesratsinitiative zur Änderung des § 22 BauGB vorbereitet, die in Kürze dem Kabinett vorgelegt wird.

Berechtigt ist auch die weitere Forderung im Antrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, mit Hilfe der sozialen Wohnraumförderung des Landes Niedersachsen den Bau von bezahlbaren Mietwohnungen für Investoren attraktiver zu machen. Mietwohnungen sind auf den Inseln knapp und meistens ziemlich teuer.

Das trifft diejenigen, die auf bezahlbaren Mietwohnraum angewiesen sind: Menschen mit kleinen Einkommen oder niedrigen Renten, aber auch Berufstätige mit mittleren Einkommen.

Die Nachfrage nach solchen Wohnungen wird mit den Baumaßnahmen auf den Inseln nur unzureichend erfüllt, denn gebaut werden vor allem solche Wohnungen, die sich in dieser attraktiven, vom Tourismus geprägten Lage teuer vermieten oder verkaufen lassen. Dagegen lohnt sich der Bau preiswerter Wohnungen für Investoren nicht.

Wegen des großen Bedarfs an bezahlbarem Mietwohnraum habe ich im vergangenen Jahr anlässlich der Inselkonferenz unter Berücksichtigung der besonderen Inselsituation Ausnahmen von den Förderbedingungen der sozialen Wohnraumförderung des Landes Niedersachsen in Aussicht gestellt.

Denn für geplante Bauvorhaben auf den Inseln Borkum, Norderney und Wangerooge hat sich gezeigt, dass mit höheren Förderbeträgen eine wirtschaftliche Darstellung der Vorhaben möglich ist und sich so für die Inselbewohner verträgliche Anfangsmieten erreichen lassen.

Damit die Bauvorhaben verwirklicht werden können, habe ich diesen Ausnahmen von den Förderbestimmungen zugestimmt. Ich bin zuversichtlich, dass auf diesem Wege weitere Bauvorhaben auf den Ostfriesischen Inseln realisiert werden können.

Ein weiteres Problem der Inselgemeinden betrifft Ferienwohnungen. Ferienwohnungen werden auf den Ostfriesischen Inseln – wie auch in anderen touristisch attraktiven Gemeinden in Niedersachsen - in erheblichem Umfang in Wohngebieten angeboten.

Nach einer aktuellen Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts sind Ferienwohnungen allerdings in sog. Allgemeinen Wohngebieten unzulässig.

Auch in anderen Bundesländern sind ähnliche Gerichtsentscheidungen ergangen.

Die Landesregierung wird sich daher für eine Ergänzung der Baunutzungsverordnung einsetzen, mit der klargestellt wird, in welchen Baugebietstypen Ferienwohnungen - allgemein bzw. ausnahmsweise - zulässig sein sollen. Im Einzelnen besteht allerdings hierzu noch Abstimmungsbedarf mit anderen Bundesländern, insbesondere mit Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.

Wir greifen die Initiative der Regierungsfraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN gerne auf und werden mit dem Bund und der EU-Kommission im Zuge der Vorbereitungen der EU-Förderperiode ab dem Jahre 2021 ausloten, ob die Ostfriesischen Inseln als eine Sonderzone in der Förderpolitik der Europäischen Union anerkannt werden können.

Darüber hinaus wird die Landesregierung gewissenhaft prüfen, inwieweit bereits in dem bis 2020 laufenden EU-Förderzeitraum im Kontext unserer regionalisierten und damit an den spezifischen Bedarfs- oder Problemlagen der niedersächsischen Regionen ausgerichteten Landesentwicklungspolitik ggf. schon früher eine besondere Berücksichtigung der Ostfriesischen Inseln zum Tragen kommen kann.

auch im Hinblick auf die übrigen Forderungen des Entschließungsantrags wird die Landesregierung prüfen, inwieweit sie weitere Beiträge zur Verbesserung der besonderen Situation der Inselgemeinden leisten kann.“


Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
18.03.2015

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

zum Seitenanfang
zur mobilen Ansicht wechseln