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Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage: „Wie gut ist das Gesundheitssystem auf Terroranschläge vorbereitet?“

Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage von Abgeordneten der FDP-Fraktion geantwortet.


Die Abgeordneten Jörg Bode, Dr. Stefan Birkner, Dr. Marco Genthe, Sylvia Bruns, Björn Försterling und Jan-Christoph Oetjen (FDP) hatten gefragt:

Im Zuge des Terroranschlages in Berlin berichtet die Frankfurter Allgemeine Zeitung am 25. Dezember 2016 über die Herausforderungen für Ärzte und Krankenhäuser bei terroristischen Anschlägen. So seien die Verletzungsmuster in Berlin zwar Tagesgeschäft gewesen, da man sich mit Unfällen im Straßenverkehr auskenne, jedoch würden Anschläge mit Schusswaffen und Bomben der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie große Sorgen bereiten. „… bei einem Anschlag, bei dem Terroristen Bomben oder Schusswaffen einsetzen, könnte man schnell an Grenzen stoßen: Für die Behandlung von Schusswunden oder Explosionstraumata fehle den meisten deutschen Ärzten das notwendige Wissen und die Erfahrung.“

Noch kritischer sei die Lage in den Klinken, da in der Regel die meisten Opfer schnellstmöglich in das nächstgelegene Krankenhaus gebracht würden. „In Paris landeten deshalb allein in einer Klinik fast 50 Patienten, die in Lebensgefahr schwebten. ‚Die Kollegen haben mit 13 Teams 36 Stunden durchoperiert‘, sagt Friemert. Gleichzeitig strömten in dasselbe Krankenhaus viele leichtverletzte Opfer.“

Eine Verteilung und Versorgung solch vieler Menschen könne nur gelingen, wenn die Abläufe einstudiert seien.

1. Wie sind die niedersächsischen Ärzte und Krankenhäuser auf Terroranschläge vorbereitet?

2. Gibt es regelmäßige Übungen? Wenn ja, wie oft?

3. Gibt es spezielle Fortbildungen für die Behandlung von Schusswunden oder Explosionstraumata?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Großbrände, Massenunfälle im Verkehrswesen und im Industriebereich, Naturkatastrophen, Terroranschläge sowie Epidemien bzw. Pandemien können zu einer unmittelbaren enormen Herausforderung für alle Institutionen des Gesundheitswesens führen. In der medizinischen Versorgungskette bilden hierbei die Krankenhäuser ein ganz entscheidendes Glied.

Zu 1. und zu 2.:

Nach § 14 des Niedersächsischen Krankenhausgesetzes sind die Krankenhäuser verpflichtet, Alarm- und Einsatzpläne einzuführen, in denen Gefahrenlagen handlungsbezogen beschrieben werden. Auf Grundlage dieser Krankenhaus-Alarm- und
-Einsatzpläne sind von den Krankenhäusern Notfall- und Krisenmanagementverfahren zu implementieren. So hat z.B. die MHH zur WM 2006 ein Klinikkonzept zur Erstversorgung von bis zu 100 Menschen innerhalb einer 1/2 Stunde entwickelt. Dabei spielt die Einbindung der Unfallchirurgie eine tragende Rolle. Die Bestimmung des zeitlichen Rhythmus von Übungen ist dabei den Krankenhäusern überlassen.

Die Vertreterinnen und Vertreter der mit den Inhalten von Krankenhaus- Alarm- und –Einsatzplänen befassten Ministerien und Institutionen haben konzeptionelle Vorstellungen und Umsetzungsempfehlungen erarbeitet, um den Krankenhäusern mit einem Musterplan eine Hilfestellung an die Hand zu geben. Dieser ist seit Mai 2008 auf der Homepage der Niedersächsischen Ärztekammer einsehbar (https://www.aekn.de/arztspezial/infos-fuer-klinik-praxis/krankenhaus-alarm-und-einsatzplan-kaep/).

Bei einer Terrorlage mit vielen Verletzten würde zudem das so genannte MANV (Massenanfall von Verletzten)-Konzept Anwendung finden, das für solche Fälle durch die Notfallmedizin entwickelt wurde.

Die Versorgung von schweren und schwersten Weichteilverletzungen zählt zum routinemäßigen Versorgungsspektrum von regionalen und überregionalen Traumazentren. In Niedersachsen existieren insgesamt 11 regionale und 10 überregionale Traumazentren, die von dem TraumaNetzwerk DGU® gemäß den Versorgungs- und Qualitätsstandards des „Weißbuch Schwerverletztenversorgung“ zertifiziert sind.

Im Übrigen besteht auch für die kommunalen Träger des bodengebundenen Rettungsdienstes in Niedersachsen gemäß § 7 Abs. 4 des Niedersächsischen Rettungsdienstgesetzes die Verpflichtung, Maßnahmen, insbesondere Notfallpläne, zur Bewältigung von Großschadensereignissen bzw. MANV-Fälle, unter Beteiligung der Krankenhausträger vorzubereiten. Der Landesausschuss „Rettungsdienst“ (LARD) hat hierzu im Jahre 2014 Empfehlungen zur „Bewältigung von Notfallereignissen mit einer größeren Anzahl von Verletzten oder Kranken (Großschadensereignisse) herausgegeben, die im Nds. MBl. 2015, S. 136 ff. veröffentlicht wurden. In seiner nächsten Sitzung am 28.02.2017 beabsichtigt der LARD zudem ergänzend „Empfehlungen zur rettungsdienstlichen Bewältigung von Amok- und Terrorlagen“ zu beschließen, die dann ebenfalls im Nds. MBl. zeitnah veröffentlicht werden würden.

Zu 3.:

Eine zentrale Dokumentation der Fortbildungsangebote nimmt die Landesregierung nicht vor. Beispielhaft sei erwähnt, dass in der Universitätsmedizin Göttingen regelmäßige Traumanetzwerk-Fortbildungen stattfinden, in denen unter anderem zur Versorgung solcher Verletzungen, wie Schusswunden und Explosionstraumata, fortgebildet wird. Die AGAPLESION Diakonieklinikum Rotenburg gGmbH hatte im Jahr 2015 eine Fortbildung zum Thema „Was ist bei der Versorgung von Explosionstraumata zu beachten?“ ausgerichtet. Die Zusammenarbeit von Katastrophenschutz und Krankenhäusern wird u.a. auch in die Ausbildung leitender Notärzte integriert.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
03.02.2017

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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