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Antwort der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage: „Wer kann das Modellprojekt der rot-grünen Landesregierung zur Vergabe eines anonymen Krankenscheins nutzen?“

Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf eine Mündliche Anfrage der Abgeordneten Angelika Jahns, Petra Joumaah, Volker Meyer, Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Gudrun Pieper und Annette Schwarz (CDU) geantwortet


Die Abgeordneten Angelika Jahns, Petra Joumaah, Volker Meyer, Dr. Max Matthiesen, Burkhard Jasper, Gudrun Pieper und Annette Schwarz (CDU) hatten gefragt:

Die Landesregierung fördert über einen Zeitraum von drei Jahren ein Modellprojekt zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung für „Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus“ mit insgesamt 1,5 Millionen Euro.

Den Adressatenkreis des Modellprojekts definiert die Landesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung „Anonymer Krankenschein, anonyme Abrechnung und anonymisierte Chipkarte - Ist bei der Inanspruchnahme medizinischer Leistungen ‚legal‘ oder ‚illegal‘ künftig egal?“ (Drucksache 17/3481) wie folgt:

„Bei Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus handelt es sich um nicht deutsche Staatsangehörige, die weder einen Aufenthaltstitel nach § 4 Abs. 1 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet - Aufenthaltsgesetz (AufenthG), eine Duldung nach § 60 a AufenthG oder eine Aufenthaltsgestattung nach § 55 Asylverfahrensgesetz (AsylVfG) besitzen noch aus sonstigen Gründen zum Aufenthalt in Deutschland berechtigt sind. Nach § 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG werden Angehörige dieses Personenkreises mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn sie sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel im

Bundesgebiet aufhalten, soweit

a) sie vollziehbar ausreisepflichtig sind,

b) ihnen eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und

c) deren Abschiebung nicht ausgesetzt ist.“

In der Dringlichen Anfrage „Was tut die Landesregierung gegen Asylmissbrauch?“ wurde am 14. Dezember 2016 der Umgang der Landesregierung mit dem Verhalten einer 14-köpfigen Familie thematisiert, die trotz Ablehnung ihrer Asylanträge und angedrohter Abschiebung nicht ausreiste. Auf die Frage der Abgeordneten Angelika Jahns „Könnte sie“ (Anm.: die Landesregierung) „sich vorstellen, dass es möglich ist, dass diese Familie Gesundheitsleistungen aus dem 1,5-Millionen-Euro-Programm in Anspruch nimmt?“ antwortete Minister Pistorius. „Das kann ich mir nicht vorstellen. Aber ob es so ist, lasse ich gerne prüfen.“

1. Zu welchem Ergebnis hat die von Minister Pistorius veranlasste Prüfung geführt?

2. Könnten untergetauchte Asylleistungsbetrüger mit mehreren Identitäten im Rahmen des Modellprojekts einen anonymen Krankenschein erlangen, ohne in diesem Zusammenhang Angst vor der Aufdeckung ihrer Identität, vor der Verhaftung bzw. vor der Abschiebung haben zu müssen? Falls nein, bitte genau erläutern, weshalb das nicht möglich ist.

3. Könnten ausreisepflichtige Gefährder mit islamistischem Hintergrund im Rahmen des Modellprojekts einen anonymen Krankenschein erlangen, ohne in diesem Zusammenhang Angst vor der Aufdeckung ihrer Identität, vor der Verhaftung bzw. vor der Abschiebung haben zu müssen? Falls nein, bitte genau erläutern, weshalb das nicht möglich ist.

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Aufgrund des Beschlusses des Niedersächsischen Landtages vom 18.12.2014 - Drs. 17/2621 - werden im Rahmen eines auf drei Jahre angelegten Projektes Ansätze zur Gesundheitsversorgung für Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus erprobt. Menschen ohne definierten Aufenthaltsstatus wagen es in der Regel nicht, sich mit gesundheitlichen Beschwerden oder nach Unfällen in medizinische Behandlung zu begeben, weil sie die Entdeckung durch die Ausländerbehörden fürchten. Neben der medizinischen Versorgung wird den Hilfe suchenden Menschen auch eine aufenthaltsrechtliche Beratung angeboten, da sie sich zum Teil in Verkennung der tatsächlichen Rechtslage, ohne Recht auf gesundheitliche Versorgung, ohne Aufenthaltsrecht oder einen Anspruch auf eine Duldung wähnen.

Zu 1.:

Es ist der Landesregierung nicht bekannt, ob entsprechende Leistungen beansprucht worden sind. Auf die Drucksache 17/7256 wird verwiesen.

Zu 2.:

Das Projekt ist modellhaft und erfolgt aus humanitären Gründen. Ziel des Modellprojekts ist es, Menschen ohne Papiere den Zugang zur medizinischen Versorgung zu ermöglichen. Ihre Anonymität bleibt im Rahmen dieses Versorgungsansatzes gewahrt. Es ist nicht auszuschließen, dass auch Personen mit mehreren Identitäten, sowie Gefährder mit islamistischem Hintergrund die Anlauf- und Vergabestellen aufsuchen und durch die Ausgabe von einem anonymen Krankenschein den Zugang zur medizinische Versorgung zu erhalten.

Der zu versorgende Personenkreis erhält im Bedarfsfall folgende Leistungen:

  • zur Behandlung akuter Erkrankungen und Schmerzzustände die erforderliche ärztliche und zahnärztliche Behandlung einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandmitteln sowie sonstiger zur Genesung, zur Besserung oder zur Linderung von Krankheiten oder Krankheitsfolgen erforderlichen Leistungen,

  • Schutzimpfungen entsprechend den §§ 47, 52 Absatz 1 Satz 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch zur Verhütung und Früherkennung von Krankheiten und die medizinisch gebotenen Vorsorgeuntersuchungen,

  • ärztliche und pflegerische Hilfe und Betreuung, Hebammenhilfe, Arznei-, Verband- und Heilmittel für werdende Mütter und Wöchnerinnen,

  • das Angebot zur Vervollständigung des Impfschutzes,

  • eine Versorgung mit Zahnersatz nur, soweit dies im Einzelfall aus medizinischen Gründen unaufschiebbar ist.

    Damit wird eine Besserstellung gegenüber den Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG vermieden. Parallel zu der von den Vergabestellen vermittelten ärztlichen Behandlung erfolgt das Angebot einer Beratung u.a. zum Aufenthaltsrecht. Dies erfolgt in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Anlauf- und Vergabestellen in Hannover und Göttingen.

Zu 3.:

Sh. Antwort zu Frage 2.

Presseinformationen Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
03.02.2017

Ansprechpartner/in:
Uwe Hildebrandt

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