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100 Jahre Frauenwahlrecht - auf dem Weg zur Parität

Rede der Niedersächsischen Sozialministerin Dr. Carola Reimann

„100 Jahre Frauenwahlrecht - auf dem Weg zur Parität“

– Es gilt das gesprochene Wort –

Vor 100 Jahren wurde das Frauenwahlrecht nach einem langen Kampf um Gleichberechtigung eingeführt. Bei den Reichstagswahlen am 19.01.1919 durften Frauen zum ersten Mal in Deutschland wählen und gewählt werden. Und der Kampf um die Gleichstellung in allen Lebensbereichen geht weiter. Noch immer sind Frauen in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik nicht zur Hälfte beteiligt, obwohl wir die Hälfte sind und rechtliche Gleichstellung schon lange im Grundgesetz verankert haben.

Ein offenkundiges Beispiel für diese Ungleichheit ist die politische Beteiligung. Frauen sind nicht ausreichend in den Parlamenten vertreten. Sowohl im Deutschen Bundestag, als auch im Niedersächsischen Landtag ist der Frauenanteil mit 30,9 % bzw. 27,7 % sogar rückläufig.

Niedersachsen steht damit auch im Vergleich der Länderparlamente nicht gut da. Zehn Bundesländer weisen eine höhere Frauenquote in ihren Parlamenten auf. In den niedersächsischen Kommunalparlamenten stagniert der Frauenanteil bei einem Anteil von durchschnittlich unter einem Viertel. In ca. 50 Gemeinden sind in den Räten gar keine Frauen vertreten. Diese Zahlen zeigen es: Das Frauenwahlrecht führt nicht automatisch dazu, dass Frauen angemessen in den Parlamenten vertreten sind.

Parlamente sind die Orte politischer und gesellschaftlicher Willensbildung. Unser aller Ziel muss doch aber sein, dort die besten Entscheidungen zu treffen. Und das geht nur, wenn Frauen und Männer zu gleichen Teilen an der Diskussion und Abstimmung beteiligt sind.

Der Appell geht zunächst an die Parteien selbst. Denn fehlen Frauen in Parteien, fehlen sie auch als Abgeordnete. Als erstes ist also eine andere Parteiarbeit und eine Überwindung der oft männlich geprägten Kultur nötig. Es zeigt sich, dass parteiinterne Quotenregelungen und insbesondere das Reißverschlussprinzip bei der Listenaufstellung ein Baustein sein können, eine bessere Beteiligung von Frauen zu ermöglichen.

Viele der Mandate werden aber über die Direktwahl in den Wahlkreisen vergeben. Freiwillige Maßnahmen reichen also nicht aus. Wir müssen über verpflichtende, gesetzliche Regelungen nachdenken. In der Diskussion ist aktuell das sogenannte Parité-Gesetz. Innerhalb der Landesregierung sind wir darüber im Gespräch. Ich persönlich halte ein Parité-Gesetz für erforderlich. Deshalb habe ich mich als Erstunterzeichnerin dem Aufruf des deutschen Frauenrats, „Wir brauchen alle Argumente!“, angeschlossen.

Der Aufruf fordert ein Parité-Gesetz, die gleiche Beteiligung von Frauen in den Parlamenten und einen Wandel der politischen Kultur. Eine einfache Übernahme eines Parité-Gesetzes nach französischem Vorbild ist in Deutschland nach vorherrschender Meinung aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich.

Das bedeutet, wir müssen genau prüfen, wie eine Erhöhung des Frauenanteils im Wege der Gesetzgebung erreicht werden könnte. Inwieweit kann zum Beispiel die Aufstellung von Listen nach dem Reißverschluss-Prinzip verbindlich eingefordert werden?

Ist es ein guter und möglicher Weg, dass jede Partei für einen Direktwahlkreis einen Mann und eine Frau vorschlägt, die als „Tandem“ in das Parlament einziehen?

Hier wäre dann gleichzeitig über einen Neuzuschnitt der Wahlkreise zu diskutieren. Wir müssen noch einige Hürden nehmen. Frau Landtagspräsidentin Dr. Gabriele Andretta hat daher Recht, dass es sich um einen langen Weg handelt und eine Lösung bis zu den nächsten Kommunal- und Landtagswahlen voraussichtlich nicht gelingen wird. Aber wir müssen uns auf den Weg machen. Es kommt jetzt darauf an, die Vorschläge auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen.

Frauen können alles! Sie können alles werden! Frauen gehören in die Parteien, Frauen gehören auf die Wahllisten und Frauen gehören in die Parlamente!

Lassen Sie uns gemeinsam dafür eintreten, dass die auf dem Papier bestehende Gleichstellung auch in politischen Ämtern, bzw. in Politik und Parlamenten Realität wird.

Pressekontakte Bildrechte: Land Niedersachsen

Artikel-Informationen

erstellt am:
24.01.2019

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